Zwei Ebenen (Teamkommunikation, Teil 3)

Wenn dir daran liegt, die Kommunikation im Team zu verbessern, solltest du auf zwei Ebenen agieren: Im Arbeitsprozess des Teams und in der Umwelt, in der sich die Teammitglieder bewegen.

Basis: Kommunikation im Arbeitsprozess

Wenn’s mit der Kommunikation hapert, fallen einem gewöhnlich Probleme in der unmittelbaren Zusammenarbeit auf: Man versteht nicht auf Anhieb. Man ist verschiedener Meinung. Man unterschlägt wichtige Informationen. Usw. Da geht es um Kommunikationspraxis im landläufigen Sinn: Die Mitglieder des Teams reden miteinander, möchten verstehen und verstanden werden. Es ist quasi die Basis des Umgangs.

Als Beispiel eine Liste von Regeln aus der Intensivmedizin. Wir werden später auf sie ausführlicher zurückkommen. Hier sollen sie illustrieren, was mit „Basis“-Kommunikation gemeint ist:

  • Sprich deutlich! (Artikuliere klar; aber nutz auch Pausen und andere Gliederungshilfen der gesprochenen Sprache.)
  • Suche Blickkontakt! (Auch wenn ihr von lauter Bildschirmen umgeben seid, schau anderen, so oft es geht, ins Gesicht.)
  • Mach den Sprechakt klar! (Ist, was du sagst, ein Frage, eine Aufforderung, eine bloße Feststellung…?
  • Sprich strukturiert! (Halte dich an Gliederungen, die sich bewährt haben – von vorgegebenen Formeln bis zu selbst zusammengestellten Notizen.)
  • Informiere die anderen darüber, was du tust. (Sprich weiter, auch wenn du unter Stress stehst.)
  • Geh dialogisch vor. (Sei offen für Kommentare, stelle Fragen, erlaube dir Pausen.)
  • Hör den anderen zu, auch wenn du mehr Erfahrung hast. (Vielleicht bist du der Boss; aber vielleicht hat ein anderer Recht.)

Umwelt: Randbedingungen für geglückte Kommunikation

Wer sich aber nur auf die Kommunikation im Arbeitsprozess konzentriert, übersieht Wesentliches: Für den Umgang im Team entscheidend sind nicht nur Regeln des Umgangs im eigentlichen Arbeitsprozess. Zu einem großen Teil schafft man die Bedingungen für eine geglückte Kommunikation auch dadurch, was außenherum passiert. Das lässt sich Umwelt oder auch Kontext nennen: Sitzungen, Kaffeepausen, persönliche Begegnungen außerhalb der Abteilung. Da erkennt man in den anderen noch anderes als nur ihre professionellen Fähigkeiten und Schwächen. Was man hier mitbekommt, unterstützt die Kommunikation bei der Arbeit.

Es ist also notwendig, den Blick zu weiten und sich zu fragen: Was weiß ich über die andern? Wie kenne und schätze ich sie als KollegInnen und Menschen?

  • Nutzt euren gemeinsamen Spielplatz! (Setz dich zu anderen außerhalb von Routinesituationen: in der Kantine, am Kaffeeautomaten usw.)
  • Interessiere dich für die anderen. (Erzähle von dir; nimm teil an ihren Freuden und Sorgen.)
  • Plane und besuche regelmäßige Team-Meetings. (Solche, in denen alle frei sprechen dürfen und man einander zuhört.)
  • Diskutiert Fehler und Missverständnisse im Nachhinein (aber so, dass nicht Schuld das Thema ist, sondern die Verbesserung).
  • Baut die Hierarchie ab. (Nutz die Erfahrung der Pflegekraft; schaffe eine Atmosphäre, die es Unerfahrenen erlaubt, um Hilfe nachzufragen.)

Ach, da war noch etwas:

Es soll nicht verheimlicht werden: Da ist noch ein weiterer Aspekt der Teamkommunikation. Zu den beiden Fragen: „Wie kommuniziert das arbeitende Team?“ und: „Wie kommunizieren die Teammitglieder außerhalb der Arbeit miteinander?“ kommt die Frage:

„Wie kommuniziert das Team gegen außen?“

Wie kommuniziert es mit anderen Teams? Wie mit Menschen und Gruppen, die von ihm abhängig sind – als Patienten, Kundinnen, Zulieferer usw.?

Dieses Thema wird vorläufig nicht angesprochen. Aber jedes Team muss klären, wie es als Ganzes oder in Form einzelner Mitglieder gegen außen auftritt.

Zunächst aber zurück zur Kommunikation im Team.

Wenn es kritisch wird, werden sie stumm.

Pilotinnen und Copiloten arbeiten im Team. Wie sie miteinander umgehen, ist für die Sicherheit zentral. In den 1990er-Jahren wurde gerade das zum Thema, als nach Ursachen für Flugzeugabstürze geforscht wurde. Man untersuchte die Tonaufnahmen ihrer Gespräche: Was wurde in den letzten Minuten vor dem Crash im Cockpit gesagt? Und durchgehend ergab sich die Tendenz: Wenn die Situation kritisch wurde, hörten die Piloten auf zu reden. Sie arbeiteten fieberhaft vor sich hin, ließen aber die Person daneben, nicht daran teilhaben. Obwohl sie ja mitarbeitete und ebenso intensiv versuchte, das Unglück zu vermeiden. Daraus wurde eine wichtige Fortbildungsmaßnahme: die Cockpit-Crew dazu zu bringen, in kritischen Situationen weiter zu kommunizieren.

Dass das nicht nur auf Pilotenteams zutrifft, ist leicht zu ahnen. Studien belegen, dass es in einem anderen risikoreichen Arbeitsfeld ähnlich ist: auf den Intensivstationen von Krankenhäusern. Eine Krise tritt ein, und der leitende Arzt tut alles Menschenmögliche, um die Patientin zu retten. Aber er hört auf, den Mitarbeitenden zu sagen, was er tut bzw. was sie tun sollen. Auch das ist eine Art Automatismus, der nur durch Übung verschwindet.

Vom Flugzeug ins Krankenhaus

Stationen für Intensivmedizin gibt es seit den 1950er-Jahren. Seither wurde das Fach entwickelt und perfektioniert. Ein bestimmender Faktor in der Arbeit der IntensivmedizinerInnen ist der Zeitdruck. Und wer unter Zeitdruck arbeitet, überlegt nicht lange, wie mit KollegInnen und Mitarbeitenden am besten zu reden ist. Und dennoch ist die Kommunikation entscheidend dafür, dass die gemeinsame Arbeit im Team funktioniert. Einer von vielen Tipps stammt aus der Praxis großer Fluggesellschaften, die verhindern wollten, dass aus Krisen durch fehlende Kommunikation verheerende Unglücksfälle wurden. Sie nennen das Verfahren, das die PilotInnen einüben, „Flying by voice“. Und genaus das wird heutzutage auch dem medizinischen Personal in Krankenhäusern empfohlen: Sprich weiter, wenn es kritisch wird!

Teamkommunikation

Dies ist ein erster Beitrag zum Thema „Teamkommunikation“. Er ist entstanden als Resultat einer Recherche, die ich für einen Vortrag vor ÄrztInnen und PflegerInnen hielt. Ihr Arbeitsfeld in der Intensivmedizin war für mich neu. Aber Gespräche mit ihnen und die Lektüre von Dutzenden von Forschungsarbeiten zum Thema zeigten mir: Es ist ein faszinierendes Thema. Mit wenig Aufwand kann die Kommunikation in der Intensivstation verbessert werden. Und: Was dort schiefläuft bzw. verbessert werden kann, gilt auch für viele andere Berufsfelder.

Literaturhinweise

BRINDLEY, Peter and REYNOLDS; Stuart F. (2008): Improving verbal communication in critical care medicine. Journal of Critical Care (2011) 26, 155–159.

DENNIS, D., CALHOUN, A., KHANNA, R., KNOTT, C., van HEERDEN, P.V. (eds) (2023): Stories from ICU Doctors. Cham: Springer.