Corona hat die Aus- und Fortbildung vom Hörsaal ins Netz gezwungen. Studierende in den USA fühlen sich dadurch um Teile ihrer horrenden Studiengebühren betrogen, die ihnen mit dem Argument abgeknöpft werden, dass sie von den Lehrkräften persönlich und in kleinen Gruppen unterrichtet werden und Wissenschaft hautnah erleben– ganz abgesehen von den Sport- und Freizeitaktivitäten, die jetzt eingestellt sind.
Jetzt werden laufend Hochschulen von Studierenden verklagt, sie einen Teil ihrer Studiengebühren zurückfordern.
Das alles mag auf Studierende und DozentInnen in Europa exotisch wirken, für die Studiengebühren meist das geringste finanzielle Problem sind.
Aber da ist ein Argument, das aufhorchen lassen muss (und an die Diskussionen im Vorfeld der Abiturs- und Maturitätsprüfungen erinnert):
Die Studierenden befürchten, dass ihr Uni-Abschluss weniger wert sein wird:
When universities across the U.S. shut their doors because of the coronavirus pandemic and sent students home, many did offer partial refunds of dorm and activities fees. But, these lawsuits argue, they should have refunded more, because not only did students lose access to the gym, the dining hall, the in-person networking and parties, but their diplomas will always have an asterisk because they finished their degrees online. (Zitat NPR)
Hier geht es nicht mehr um Dienstleistungen, die ihnen vorenthalten werden, sondern um angebliche didaktische Einbußen. Nun klar: Wenn ich praktische Übungen im Chemie-Labor nicht selbst durchführen kann, geht mir etwas verloren. (Aber was? Ist es das Problem, dass ich im späteren Leben vergesse, die Schutzbrille anzuziehen?)
Aber was bedeutet es für die Vorlesungen und Seminare?
NPR zitiert eine Juristin, die behauptet:
„In my personal opinion, I can deliver the same quality of education online as I could in person.“
Nein! Das ist mit großer Wahrscheinlichkeit nicht wahr. Es stimmt nur dann, wenn sie in Online-Unterricht (bzw. Online-Rhetorik) ausgebildet ist. Dazu würde gehören, dass sie die Gesetze des Mediums reflektiert hat und ihren Stoff entsprechend aufbereitet und präsentiert.
Dazu gehören etwa die folgenden Dinge:
- Neustrukturierung des Stoffs
- Neue Formen der Aktivierung der Studierenden
- Anpassung von Sprache, Sprechweise und Körpersprache an das neue Medium
Das ist viel mehr, als nur eine Veranstaltung im leeren Hörsaal als zu streamen.
Zum Beispiel die klassische Vorlesung:
Es ist nicht nur tödlich, online 15 Lektionen zu verfolgen. Das zeigen die Klicks praktisch aller derartigen Angebote.
Wer sich statt ans Rednerpult vor die Kamera stellt, kann sein altes Manuskript vergessen. Und sollte die eigene Rolle als Informationsvermittler hinterfragen. Statt dass er oder sie 45 Minuten lang monologisiert, wäre es besser, dass die Studierenden sich mit anderen Medien (z.B. dem Medium Buch) ins Thema einarbeiteten und die Online-Veranstaltung darauf aufbaut.
Mehr dazu demnächst.
Mehr dazu im nächsten Beitrag.