Tipps für den Online-Vortrag (Teil 4)

Kontakt gelingt online, wenn eine Verbindung zwischen deinem eigenen Raum und dem Raum der Zuhörerin/des Zuhörers entsteht. Zum einen ist das eine Sache der Optik: Du gestaltest deinen Raum so, dass man ihn als Raum wahrnimmt und sich darin zurechtfindet.

Nähe durch den Klang der Stimme

Zum anderen ist es eine Sache der Akustik: Du klingst so, dass sich deine Stimme in den Raum des Publikums einfügt. Das heißt: Erklingt nicht wie aus einem fernen Badezimmer, sondern wie die Stimme eines Gegenübers – ohne irritierende Raum-Informationen.

Gesprächslautstärke

Wenn du in die Kamera sprichst, stellst du dir jemanden vor, der dir in Corona-Distanz gegenübersitzt: nah, aber nicht zu nah. Das hört man an der Lautstärke. Deine Stimme ist nicht laut, aber dennoch kräftig. Sie entspricht eher der Stimme, die du verwendest, wenn du im Laden mit einer Verkäuferin sprichst, als der Stimme, mit der du im Café mit deiner Freundin plauderst. Es ist eine Stimme der Nähe, des Gesprächs, aber nicht der Intimität.

Kein Hall, keine Nebengeräusche

Das wird unterstützt durch die Akustik des Raums. Vermeide einen wahrnehmbaren. Hall, wie er leicht entsteht, wenn du in einem Raum mit nackten Wänden sprichst. Überprüfe den Klang, indem du eine Probeaufnahme machst. Wenn es hallt, kannst du entweder die Umgebung ändern (eine Aufnahme im Freien kann schafft oft radikale Abhilfe – lässt allerdings auch neue Probleme entstehen, z.B. durch die Einflüsse von Wind und Nebengeräuschen) oder das Mikrofon nah zum Mund nehmen.
Ein separates Mikrofon bietet auch sonst mehr Möglichkeiten: Du kannst dich von der Kamera weiter entfernen und du klingst besser als mit einem (in Kamera oder Laptop) eingebauten Mikrofon.

Natürlich kannst du das alles auch ignorieren

Diese Tipps setzen voraus, dass du Kontakt zu deinem Publikum suchst und halten willst. Grundlage ist die Vorstellung, dass die Überwindung der Distanz etwas Gutes ist. Das entspricht dem Ansatz der Rhetorik. Es gibt natürlich auch einen anderen Ansatz: Du kannst sagen: Ich will die Distanz beibehalten.
Dann hältst du dich nicht an diese Regeln, sondern präsentierst einen Vortrag, bei dem lauter Merkmale des anderen Raums (oder des Nicht-Raums) beibehalten werden. Du lädst das Publikum nicht zu dir ein und du belässt Hall und Nebengeräusche. Damit nimmt es nicht an einem Vortrag mit dialogischem Charakter teil, sondern es erlebt die Dokumentation eines Vortrags.
In bestimmten Situationen ist das erwünscht (etwa, wenn es ein primäres Publikum gab, das sich vom jetzigen Online-Publikum unterscheidet). Bei einfachen Informationsaufgaben aber geht es nicht darum, eine Doku von deinem Vortrag zu produzieren, sondern deinen Vortrag zu halten. Und dann geht es darum, den Kontakt zu suchen und ihn zu halten. Rhetorik als Reden ´Überwindung der Distanz trotz der öffentlichen Situation.