Maskottchen Mao
Die Metamorphosen eines Gewaltherrschers
Von Mathias Bölinger
19.07.2016, 19:15 Uhr, DLF
Das Land, das der sterbende Diktator vor 40 Jahren hinterlassen hat, dürfte er kaum wiedererkennen. Von Mao Tse-Tungs Sozialismus ist nicht mehr viel übrig. China ist reich und mächtig geworden, konsumfreudig und pragmatisch. Was würde er wohl über die Millionärin denken, die seine Statue auf dem Armaturenbrett eines BMW montiert hat?
Sie ist fest davon überzeugt, dass der Vorsitzende höchst persönlich „von dort oben“ für ihren Wohlstand sorgt – als Dank für die Verehrung, die sie ihm entgegenbringt. Der rote Diktator, einst Kämpfer gegen Aberglaube und Tradition, ist heute in China eine Volksgottheit. Und die Gewalt, die von seiner Herrschaft ausging, verblasst hinter dem Mythos, den Chinas Propagandaapparat von ihm zeichnet. Reise auf den Spuren eines Idols mit blutiger Bilanz.
Norwegens Stunde Null
Von Hannelore Hippe
20.07.2016, 00:05 Uhr, DR Kultur
Am 22. Juli 2011 zündet Anders Behring Breivik im Regierungsviertel von Oslo eine Bombe, acht Menschen werden getötet. Anschließend erschießt er auf der norwegischen Insel Utöya 69 Jugendliche in ihrem Sommerlager.
Ist Breivik ein wahnsinniger Einzelgänger – oder ist seine Tat Ausdruck für einen neuen aggressiven Nationalismus und Fremdenhass in der norwegischen Gesellschaft, in der Gleichheit, Toleranz und Offenheit gefördert werden? Breivik war Mitglied einer rechtspopulistischen Partei, die seit Jahren in Norwegen an Einfluss gewinnt.
Tochter eines NS-Militärrichters
Mein Vater ging einfach zum Dienst
Von Simone Trieder
22.07.2016, 20:10 Uhr, DLF
Irmgard Sinner hat ihren Vater, Werner Lueben, lange als späten Widerstandskämpfer gesehen. Denn der Militärrichter hatte sich geweigert, drei katholische Priester zum Tode zu verurteilen. Einen Tag danach, am 28. Juli 1944, war Werner Lueben tot.
Das Heldenbild bröckelte, als Irmgard ein Buch in die Hände fiel: darin Briefe einer jungen Polin und das Todesurteil, das ihr Vater 1943 über sie gefällt hatte. Krystyna Wituska wurde in Halle an der Saale, im Roten Ochsen, enthauptet. 1980 landete Irmgard Sinner selbst in diesem Gefängnis – wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung. Krystynas Briefe halfen ihr, den Haftalltag zu überstehen und sich der Geschichte ihres Vaters zu stellen.
Er hatte hundert Todesurteile unterschrieben. Heute ist Irmgard Sinner 88 Jahre alt und rastlos für Versöhnung unterwegs. Sie pflegt Kontakte zu Opfern ihres Vaters und deren Angehörigen, auch zur Tochter eines Deserteurs, den ihr Vater zum Tode verurteilt hatte. Seit vielen Jahren ist sie aktives Mitglied im Bundesverband Opfer der NS-Militärjustiz.
Pragmatische Utopisten
Wie Architekten wie Alejandro Aravena die Welt verändern wollen
Von Gabriele Pfaffenberger
Samstag, 23.07.2016, 13:05 Uhr, BR2
Wiederholung am Sonntag, 21.05 Uhr
Raus aus dem Elfenbeinturm! Eine neue Generation von Architekten hat keine Lust mehr auf abgehobene Prestigebauten. Sie wollen ehrliche Antworten auf die großen Herausforderungen unserer Zeit finden: Migration, Naturkatastrophen, Armut, Ungleichheit.
Ihr berühmtester Vertreter ist der Chilene Alejandro Aravena. Pritzker-Preisträger und Kurator der Architekturbiennale 2016 in Venedig. Er hat den sozialen Wohnungsbau revolutioniert. Seine Strategie: Partizipation. Bevor er Gebäude plant, diskutiert er intensiv mit den zukünftigen Bewohnern, beteiligt sie auch am Bau, stellt Häuser beispielsweise nur halb fertig und lässt die Bewohner die andere Hälfte gestalten.
So füllt er Projekte mit Leben, verhindert Fehlplanungen, spart Geld.
Die Autorin trifft Alejandro Aravena in Chile und reist durch Bayern, denn auch hier beschäftigen sich Architekten mit komplexen, aktuellen Problemen: Wie kann man die Wohnungsnot in den Städten abmildern? Wie die vielen geflüchteten Neubürger unterbringen und integrieren?
Vergangenes Jahr sind bayernweit 8700 Wohnungen aus der Sozialbindung gefallen. Allein in München warten laut der bayerischen Wohnungswirtschaft derzeit 12.500 Bewerber auf eine Sozialwohnung. Der immense Druck führt zur Wiederbelebung einer alten Idee: Genossenschaftsprojekte. Zukünftige Nachbarn planen gemeinsam ihre Wohnanlage, werden Miteigentümer, schaffen so bezahlbaren Wohnraum.
Hat Architektur die Kraft eine Gesellschaft zu verändern? Eine Recherche auf Baustellen, in Sozialwohnungen und den Büros von Querdenkern.
Die Suche nach dem Super-Sukkubus
Ein spektakulär sexy-rumpeliges B-Road-Movie durch die Hölle
Von Christiane Enkeler
Sonntag, 24.07.2016, 14:05 Uhr, SWR2
Eigentlich wollte sie nicht in die Hölle. Eigentlich wollte sie eine mythen-historische Geschichte erzählen – vom mittelalterlichen Aberglauben bis zu Fantasyliteratur und -filmen der Gegenwart. Eigentlich sollte es ein dankbares Thema sein: eine nachtaktive Dämonin, die Männer malträtiert, indem sie sich bei ihnen unterschummelt – buchstäblich, denn „succubere“ heißt „unten liegen“. Aber dann verlangte das Thema von Autorin Christiane Enkeler existentiellen Einsatz: Sie musste einen teuflischen Pakt schließen, musste als Kämpferin in den Ring, musste sogar ihre Gestalt verwandeln, um das Feature fertigzustellen. Am Ende erwies sich die Sendung als Höllentrip. Und der Höllentrip als Sendung.
Geheime Sender
Der Rundfunk im
Widerstand gegen Hitler
Teil 2
„This is London calling!“
Die BBC und die deutschsprachigen Programme aus Großbritannien
Von Hans Sarkowicz
Sonntag, 24.07.2016, 18:05 Uhr, hr2
Die British Broadcasting Corporation, kurz BBC, hatte bereits im September 1938 einen deutschsprachigen Dienst eingerichtet, um auf einen bevorstehenden Krieg vorbereitet zu sein. Das Feature schildert die Anfänge des Dienstes bis zum Beginn des Zweiten Weltkriegs. So ist die erste Nachrichtensendung ebenso zu hören wie die Kriegserklärung des britischen Premierministers Chamberlain an das Deutsche Reich. Auch deutsche Emigranten, wie der Soziologe Richard Löwenthal, kommen zu Wort, die von Großbritannien aus deutschsprachige Sender betrieben. Für die Goebbels-Propaganda waren die Programme von der Insel, die man in Deutschland gut empfangen konnte, ernsthafte politische Gegner. Nach Kriegsbeginn wurde von ihm deshalb das Abhören ausländischer Sender unter Strafe gestellt.