Radiotipps für die Woche vom 13. bis 19. Oktober 2014

Psychiatrie im Äthiopien
PSY oder die Angst vor dem bösen Blick

Von Oliver Ramme

Dienstag, 14. Oktober 2014, 19.15 Uhr, DLF

80 Millionen Einwohner hat Äthiopien – und 34 Psychiater. Zwei von ihnen arbeiten in dem Provinzstädtchen Jimma in einer kleinen Psychiatrie. Hier vegetieren die Menschen mit dem “bösen Blick”.

Sie tragen Schlafanzüge mit dem Kürzel PSY und schlurfen durch die dunklen Gänge der kleinen Klinik oder durch den Garten. Sie stehen unter der Aufsicht der Ärzte und bekommen nur die Medikamente, die eben vorrätig sind. Geht es den Patienten in Jimma besser als ihren Leidensgenossen auf dem Land? Psychosen wie Schizophrenie, Paranoia oder Suchterkrankungen treten in Äthiopien ähnlich häufig auf wie im Rest der Welt.

Doch das Verhältnis der Gesellschaft zu diesen Krankheiten ist meistens ein anderes als im Westen: Die Betroffenen gelten als besessen. “Die Verwandten glauben, dass psychische Erkrankungen ansteckend sind und schließen die Kranken einfach weg”, sagt der Psychiater Dr. Negash. Patienten in Jimma erzählen von langen Leidensgeschichten, Ärzte und Pfleger von ihren Arbeitsbedingungen.

Riot Girls
Ausflüge in die Kampfzone

Von Sabine Bernardi und Annette Blaschke

Mittwoch, 15. Oktober 2014, 22.30 Uhr, SWR2

Sie sind die, vor denen du dich in der Bahn hinter dem Sitz versteckst. Die mit der größten Klappe, dem dicksten Lidstrich. Kratzen, beißen, Haare ziepen war gestern. Die neuen urbanen Krawallmädchen prügeln und treten, bis sich die Knasttüren hinter ihnen schließen. Die Zahl der jugendlichen Gewalttäterinnen in Deutschland hat sich in den vergangenen Jahren mehr als verdoppelt. Jede fünfte Körperverletzung bei Jugendlichen geht laut Kriminalstatistik bereits auf das Konto eines Mädchens. Wer Glück hat, landet per Gerichtsbeschluss irgendwann im Anti-Aggressions-Training und lernt dort, dass frau sich auch anders ausdrücken kann. Wer Pech hat, macht weiter bis zur Strafmündigkeit.

Austerität tötet
Wer das Sparen erfand und wem es heute nützt

Von Sebastian Dörfler und Julia Fritzsche

Samstag, 18.10.2014, 13:05 Uhr, Wiederholung am Sonntag, 21.05 Uhr, Bayern 2

Die Selbstmordrate in Griechenland hat sich in den vergangenen drei Jahren verdoppelt. Die HIV-Infektionsrate ist binnen eines halben Jahres um 52 Prozent gestiegen. Und die EU warnt vor Infektionskrankheiten wie dem wieder aufgetauchten West-Nil-Virus, an dem in der Krise 62 Menschen gestorben sind. Der Grund: ein “Sparpaket”, das die Troika aus Europäischer Zentralbank, EU-Kommission und Internationalem Währungsfonds Griechenland vorgeschrieben hat, und das unter anderem den griechischen Gesundheitsetat fast halbierte. Das Sparen in der Krise hat einen Namen: Austerität. Doch was steckt hinter diesem Wort, das derzeit das Schicksal der EU bestimmt? Ist das politisch verordnete Sparen bittere Medizin oder Todesspritze für die betroffenen Länder? Wie kam der Sparkurs in die Welt? Und wem nützt der ausgeglichene Haushalt? Das Feature wirft einen Blick zurück. Auf die Weltwirtschaftskrise 1929, auf die US-Präsident Roosevelt statt mit “Sparen” mit einem “New Deal” reagierte. Auf die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts, in der nicht Sparen, sondern das Gegenteil: deficit spending, Mainstreampolitik war. Und auf den Beginn des Neoliberalismus, der hohe Staatsausgaben auf einmal zum Übel schlechthin erklärte. Nicht mehr der Staat, sondern die Privatwirtschaft gilt seit den 80er Jahren als Impulsgeber des Wachstums. Das Feature blickt aber vor allem auf die aktuelle Krise, die zeigt: der Glaube an stetiges Wachstum ist längst erschüttert. Dennoch hält die europäische Krisenpolitik an dem Dogma der “Austerität” fest.

Eine Geschichte vom Rummelplatz

Von Jenny Marrenbach

Samstag, 18. Oktober 2014, 18.05 Uhr, DR Kultur

Ein Gigant unter den Kirmeskarussellen, 50 Tonnen Stahl, zusammengeschraubt aus tausenden Teilen. Fünf Stufen bis zu der schweren drehbaren Platte, über der dann sechzehn Gondeln herumschleudern. Das Fahrgeschäft “Break Dance” steht für die Suche nach einem Moment von Freiheit und Rausch.

Und ist gleichzeitig Dreh- und Angelpunkt im Leben einer Gruppe von Schaustellern, die um die Chefin Jaqueline Hainlein leben und arbeiten. Jeder für sich und alle zusammen versuchen sie, das Leben vor und hinter den Kulissen miteinander zu vereinbaren. Ein Feature über sichere Häfen in rotierenden Gondeln, über Sehnsucht, Einsamkeit, Glück und Freundschaft. Eine Geschichte vom Rummelplatz.

Verlorene Denker

Sonntag, 19. Oktober 2014, 18:05 Uhr, hr2

Nachdem die Nationalsozialisten 1933 die Macht ergriffen hatten, mussten weit mehr als 100 Wissenschaftler die Frankfurter Universität verlassen – aus politischen Gründen, oder weil sie Juden waren. Einige konnten ihre Karrieren im Exil fortsetzen, für andere brach die wissenschaftliche Laufbahn jäh ab. Auch die Erinnerung an viele von Ihnen ist bis heute verlorengegangen. Studenten des historischen Seminars der Goethe-Universität sind den Lebenswegen einiger dieser Professoren nachgegangen. Die Recherchen haben Verborgenes wieder zu Tage gefördert: Dokumente und andere Fundstücke, mit denen sich die Biografien der “Verlorenen Denker”, von Frankfurter Professoren der Physik, der Chemie, der Mathematik, der Kunst und der Psychologie wieder nacherzählen lassen. Ein Projekt von hr2-kultur in Kooperation mit der Goethe-Universität anlässlich ihrer Gründung vor 100 Jahren.