Radiotipps für die Woche vom 1. – 7. Dezember 2014

Die Helgoland im Süden, Hilfsgüter im Norden
Deutschlands Beteiligung am Vietnamkrieg

Von Jan Schilling

Mittwoch, 03.12.2014, 20.03 Uhr, SWR2

Für die USA stand in diesem Krieg nichts weniger als die freie Welt auf dem Spiel. Deswegen forderte Präsident Johnson Truppen von den Verbündeten, auch von Deutschland. Doch Kanzler Erhard trickste, sagte Unterstützung zu, schickte aber keine Soldaten in den Dschungel, sondern die MS Helgoland, ein vom Vergnügungsdampfer rasch zum schwimmenden Krankenhaus umgebautes Schiff, besetzt mit Ärzten und Schwestern aus der BRD. Aber die Solidarität mit Vietnam einte die Menschen auf beiden Seiten der Mauer. Die DDR unterstützte derweil den kommunistischen Norden nach Kräften mit Hilfsgütern und Millionenzahlungen. Während die MS Helgoland inzwischen als Kreuzfahrtschiff vor Galapagos verkehrt, erinnern sich in Deutschland die Veteranen an ihren einstigen Einsatz.

Unsichtbare Konfession
Ohne Gott in Deutschland

Von Gaby Mayr

Freitag, 05.12.2014, 20:10 Uhr, DLF

Papst Franziskus ist ein Medienstar. Sämtliche Kabinettsmitglieder haben bei ihrer Vereidigung Gottes Hilfe angerufen. Die Banken arbeiten mit Hochdruck, damit zum 1. Januar 2015 auch wirklich von allen Kirchenmitgliedern eine Zusatzsteuer auf Kapitalerträge eingezogen werden kann, so wie es das Gesetz vorschreibt.

Ist Deutschland ein christlicher Gottesstaat – nicht mit Gotteskriegern natürlich, sondern dank dezenter Allgegenwart des Christentums, kirchlichem Lobbyismus und einer parteiübergreifenden Nähe der Politik zu den Kirchen?

Eine erstaunliche Nähe, sinken doch die Mitgliederzahlen der beiden großen Kirchen stetig. In Städten liegen sie unter 50 Prozent, in den neuen Bundesländern bilden die Gläubigen eine Minderheit. Die Nichtgläubigen/Nichtkirchenmitglieder sind in Deutschland mittlerweile die größte „Konfession“.

Aber die Millionen, die ohne Gott leben, treten nicht organisiert auf – weil Gott für die meisten von ihnen einfach kein Thema ist. Auch das erleichtert den Kirchen, ihre Sicht der Welt von Sterbehilfe bis Ethikunterricht durchzusetzen.

Zaatari
Gebrauchsanleitung eines Flüchtlingslagers

Von Monika Kalcsics

Samstag, 06.12.2014, 13.05 Uhr, Bayern 2
Wiederholung am Sonntag, 21.05 Uhr

Das Flüchtlingslager Zaatari der Vereinten Nationen in Jordanien ist das zweitgrößte Flüchtlingslager weltweit. Es liegt im Norden des Landes an der Grenze zu Syrien, wo seit 3 Jahren Bürgerkrieg herrscht. 2012 wurde das Lager errichtet. Damals kamen pro Nacht 1500 Menschen an. Mittlerweile ist das Lager Zaatari die fünftgrößte Stadt Jordaniens. 100.000 Menschen leben auf 530 Hektar Land. Eine logistische Herausforderung für die UNO und die Dutzenden Hilfsorganisationen, die im Lager tätig sind. Das „Handbook for Emergencies“ der Flüchtlingsagentur UNHCR dient als Leitfaden für weltweite Einsätze. Doch jedes Lager hat seine eigene Geschichte.
In Zaatari blüht der Handel. Es soll 2000 Geschäfte geben. Die meisten drängeln sich auf einer Straße, die ausgerechnet Champs-Elysées heißt. Auch eine Zweigstelle einer internationalen Supermarktkette hat aufgemacht. Dort gehen die Flüchtlinge mit Einkaufswagen ihre Gutscheine einlösen, statt sich in langen Schlangen für die Nahrungsmittelausgabe anzustellen. Derzeit kostet das Lager der internationalen Gemeinschaft täglich 500.000 US Dolla

Kinder kandiert
Wie die Nahrungsmittelindustrie den Nachwuchs verführt und warum sie niemand dabei stört

Von Tom Schimmeck

Samstag, 06.12.2014, 18.05 Uhr, DLF

Essen ist Belohnung, Lust, Trost und ein gutes Geschäft. Mit Milliardenetats bewerben Hersteller von Softdrinks, Fastfood und Süßigkeiten ihre Produkte.

„Wir sind wie Götter und können genauso werden“
Die Hippies und der Cyberspace

Von Martina Groß

Sonntag, 08.12.2014, 14.50 Uhr, SWR2

Auf dem Cover der ersten Ausgabe des „Whole Earth Catalogs“ prangte ein Foto der Erde, aufgenommen aus dem All. Wir sitzen alle in einem Boot, war die Botschaft. Im Katalog fanden sich Anleitungen zum Bau geodätischer Kuppeln und elektronischer Rechenmaschinen neben Literatur von Buckminster Fuller bis Gregory Bateson. Apple-Gründer Steve Jobs verglich die Rolle des Katalogs mit Google, bevor es Google gab. Für Zehntausende von Aussteigern, die Ende der 60er-Jahre in den USA aufs Land zogen und Kommunen gründeten, war der Katalog wie eine Bibel. Und die Verkündigung lautete: Zur Veränderung von Mensch und Gesellschaft bedarf es keiner politischen Aktionen, sondern neuer Technologien. Manche haben diesen Glauben bis heute nicht verloren …

Begleitet von lieben Tieren, lustigen Helden und Online-Spielen rücken die Verlockungen im Kinderzimmer ein. Schon Kleinkinder erkennen das „M“ von McDonald’s. Zehnjährige haben bereits Hunderte Marken im Kopf. Wissenschaftler fordern im Kampf gegen die „globale Fettleibigkeits-Epidemie“ Werbeverbote und Sondersteuern. Die Lobby der Konzerne hält mit Macht dagegen. Politiker propagieren mehr Bewegung und hoffen auf freiwillige Selbstbeschränkungen der Hersteller: nach Einschätzung von Experten eine süße Illusion.

Feinde wie wir –
Jugend auf den Schlachtfeldern des Ersten Weltkriegs

Von Helmut Kopetzky

Sonntag, 7. Dezember 2014, 18:05 Uhr, hr2-kultur

Sommer 1914. Väter übergeben ihre Söhne an das Vaterland zu treuen Händen. Und die kriegsberauschte Jugend singt, marschiert davon und lässt sich totschießen, vor Langemark in Belgien, bei Gallipoli in der Türkei, in der Schlacht bei Tannenberg, an der Drina.

Die meisten dieser jungen Männer sind kaum den Konfirmandenanzügen entwachsen, und sie haben wenig Ähnlichkeit mit „Stahlnaturen“ und „Jongleuren des Todes“. Viele dieser jungen Helden – die jüngsten „Freiwilligen“ sind 14 Jahre alt – sind eher soldatisch verkleidete Schuljungen: frisches Blut für die Schlachtfelder, zum baldigen Verbrauch bestimmt. Sie glauben den großmäuligen Ersatzvätern aus Schule, Politik und Militär, die ihnen Blitzsiege versprechen, und sie bezahlen dafür mit dem Tod oder grausamer Verstümmelung. Bei der Produktion des Features „Feinde wie wir“ wirkten fünf Studierende der Hochschule für Musik und Theater Hannover mit. Sie wurden im Studio angeleitet von Autor und Regisseur Helmut Kopetzky.