Radiotipps für die Woche vom 10. bis 16. Februar 2014

Traumspuren. Über Juliano Mer-Khamis und das Freedom Theatre in Jenin

Von Heike Brunkhorst und Roman Herzog (DLF/NDR/WDR 2014)

Montag, 10. Februar 2014, 19.15 Uhr, Deutschlandfunk, Das Feature

Am 4. April 2011 wurde der Schauspieler und Intendant des Freedom Theatre, Juliano Mer- Khamis, im Flüchtlingslager Jenin im Westjordanland erschossen. War es die Hamas oder doch der israelische Geheimdienst? Bis heute ist der Mord unaufgeklärt. Was machte den Menschen Mer-Khamis und seine Arbeit so gefährlich, dass er gleichermaßen gehasst und geliebt wurde und von beiden Seiten umgebracht worden sein könnte? Mer-Khamis hatte mit dem Freedom Theatre in Jenin eine professionelle Schauspielschule, einen Ort des kulturellen Lebens und der Freiheit für Jugendliche und Erwachsene, Männer und Frauen etabliert, inmitten einer Spirale aus Hoffnungslosigkeit und Gewalt. Als Sohn der Jüdin Arna Mer und des christlichen Arabers Saliba Khamis war Juliano dabei selbst die gelebte Unmöglichkeit, die keinen Unterschied kennt zwischen Araber und Jude. Sind mit dem Mord alle Träume des Freedom Theatre zerstoben?

Amusie. Wenn Musik zur Qual wird

Von Mark Hammer

Dienstag, 11. Februar 2014, 19.05 Uhr, Ö1

Für manche Menschen ist Musik nichts weiter als ein Rauschen. Bestenfalls. Denn für manche Menschen werden singende und summende Mitmenschen, Musik in Kaufhäusern und Filmen und die schönsten Werke der Musikgeschichte schlicht zur nervenaufreibenden Tortur. Wer unter Amusie leidet, kann das Wesen der Musik nicht erfassen. Tonhöhen, Intervalle, Klangfarbe, Harmonien und Rhythmen erschließen sich den Betroffenen nicht oder nur teilweise. Musik ist für sie so liebreizend wie das Geräusch eines Traktors. Der Klang einer Trompete kann für sie vollkommen gleich klingen wie jener eines Klaviers. Sie können keine Lieder nachsingen und auch nicht erkennen. Dieses neuronale Leiden kann angeboren sein oder erst später im Leben auftreten. Ist es angeboren, funktionieren bei den Betroffenen alle anderen Sinne uneingeschränkt. Amusie kann aber auch nach Schlaganfällen und anderen Gehirnschäden auftreten. Vielen betroffenen Menschen ist dann nicht nur die Musik verleidet, sondern sie haben auch Sprachprobleme. Denn zwischen Musik und Sprache besteht ein Zusammenhang: beide kommen nicht ohne Tonhöhen und Melodien aus.

Tuberkulose-Deals. Der neue Kampf gegen eine alte Krankheit Von Gaby Mayr

Mittwoch, 12. Februar 2014, 22.03 Uhr, SWR2 Feature (Produktion: DLF/SWR)

Die Schwindsucht schien besiegt, die Forschung für neue Tuberkulose- medikamente wurde eingestellt. Nun ist der Erreger wieder da, teils resis- tent gegen die Jahrzehnte alten Medikamente: in Asien, im südlichen Afrika, aber auch vor unserer Haustür in London und in den baltischen Staaten. Es wird auch wieder ge- forscht, aber zu wenig. Denn Tuber- kulose-Medikamente sind kein lukra- tiver Markt. Stiftungen versuchen, die pharmazeutische Industrie bei For- schungslaune zu halten. Im südlichen Afrika, einem Zentrum dieser Infek- tionen, sind Ärzte froh, wenn ihre Kranken an Tests neuer Medikamen- te teilnehmen können. Es gibt dort erste Ansätze, eigene Beiträge zur weltweiten Forschung zu leisten. Denn auch engagierte Forscher aus den Industrieländern vergessen wich- tige Aspekte bei der Medikamenten- entwicklung, weil sie sich einfach nicht vorstellen können, wie man zum Beispiel in “White City”, einer Armensiedlung in Swaziland, lebt.

Im Schutz der Dunkelheit. Eine Expedition im Darknet

Von Christian Schiffer

Samstag, 15. Februar 2014, 13:05 bis 14:00 Uhr, Bayern 2
(Wiederholung am Sonntag, 16. Februar, 21.05 Uhr)

Die meisten Menschen die das Internet benutzen, surfen durch das World Wide Web. Richtig anonym ist hier niemand, denn jeder User kann über die sogenannte “IP-Adresse” seines Rechners identifiziert werden. Doch es gibt auch eine dunkle Seite des Netzes, das sogenannte “Darknet”. Hier ist jeder weitgehend anonym unterwegs, hier tummeln sich Hacker, Kriminelle und Freiheitskämpfer. Mythen und Legenden ranken sich um die Hidden Services: Drogen soll man hier kaufen können und Waffen, es soll möglich sein, Profikiller zu engagieren und Bombenanleitungen herunterzuladen. Es heißt, die dunkle Seite des Netzes sei ein zügelloser, ein gefährlicher, ein anarchistischer Ort. Doch das “Darknet” ist auch Projektionsfläche für Sehnsucht: Hier ist das Netz noch frei, kein Geheimdienste schaut einem auf die Finger.
Das Radio-Feature des Bayerischen Rundfunks unternimmt – nach NSA-Skandal und aufflackernden Medienhype um das “Darknet” – eine Expedition in diesen düsteren Teil des Netzes, den der normale User niemals zu Gesicht bekommen wird. Es ist die Entdeckungsreise in ein skurriles, verstörendes und abstoßendes Paradies. Wer nutzt das Deep Web und wer betreibt es? Wie funktioniert dieser Marktplatz der illegalen Güter, anonymen Händler und geheimen Informationen? Und kann der digitale Untergrund wirklich das Versprechen einlösen, die bedrohte Meinungsfreiheit und Privatsphäre im Netz zu wahren?

Die unverstandene Erschöpfung

Von Franziska Badenschier

Sonntag, 16. Februar 2014, 16.30 Uhr, Deutschlandfunk
(Wissenschaft im Brennpunkt)

Sie fühlen sich schlapp, beschreiben Symptome einer permanenten Grippe, die Muskeln schmerzen und auch der Kopf arbeitet nicht mehr richtig; manch einem ist selbst der Weg zum Briefkasten zu viel. Etwa 250.000 Menschen sollen in Deutschland am Chronischen Erschöpfungssyndrom CFS leiden. Was ihnen fehlt, versteht niemand so richtig.

Viele fühlen sich nicht ernst genommen. Ob eine Depression hinter ihren Symptomen steckt oder ob ihre unerträgliche Müdigkeit die Depression erst auslösen, ist manchmal schwer zu entscheiden, denn die Krankheit lässt sich nicht mit einem einfachen Test diagnostizieren. Hoffnung macht nun ein Wirkstoff, der eigentlich gegen Lymphdrüsen-Krebs eingesetzt wird: Rituximab. Ein Forscher aus Norwegen hat die Wirksamkeit bei CFS zufällig entdeckt, eine Patientin das Geld für eine klinische Studie organisiert.

Das Präparat, so viel ist inzwischen klar, wird nicht jedem helfen, vermutlich auch keine Wunder vollbringen. Doch die Geschichte hinter Rituximab erzählt eindrucksvoll, wie sehr die chronische Erschöpfung die Betroffenen belastet, wie verzweifelt sie auf eine Klärung ihrer Krankheit warten.