Radiotipps für die Woche vom 26. September bis 2. Oktober 2016

Anonyme Bestattungen von Flüchtlingen in Griechenland
„Sterbe ich in Eurem Land“

Von Marianthi Milona

Dienstag, 27.09.2016, 19:15 Uhr, DLF

Noch nie zuvor sind in Griechenland so viele Flüchtlinge beim Versuch, Europa zu erreichen, ums Leben gekommen wie in den vergangenen fünf Jahren. Wohin mit den namenlosen Toten? Die griechischen Behörden sind offenbar mit dieser Situation überfordert. Es ist aber nicht nur die Frage wo, auch das Wie ist ungeklärt.

Die Flüchtlinge haben vermutlich verschiedenen Glaubensgemeinschaften angehört, die unterschiedliche Bestattungsriten pflegen. Welche Chancen haben die Angehörigen, je vom Tod und vom Grab ihres Verwandten zu erfahren?

Prekäre Fragen in einem Europa, das sich viel auf die Menschenwürde zugutehält. Die Autorin ging in Griechenland auf Spurensuche, wollte wissen, was mit Flüchtlingen ohne Papiere passiert, wenn ihnen ihr Weg in ein besseres Leben und in die Freiheit nichts brachte als den Tod. Marianthi Milona hat für dieses Feature den Civis Preis 2016 gewonnen.

Reihe: Geld und Wut
Dr. C’s Conversationslexikon

S wie Schulden

Von Armin Chodzinski und Nis Kötting

Mittwoch, 28.09.2016 um 00:05 Uhr, DR Kultur

Wer ist eigentlich auf die Idee gekommen, dass man Schulden zurückzahlen muss? Eine saubere Bilanz! Selbst der Finanzminister hält Schulden für notwendig und findet absurd, sie nicht machen zu wollen, in bestimmten Grenzen, versteht sich!

Die Mafia basiert auf Schulden oder auf Schuld und die ganze Existenz sowieso. Dr. C. referiert, die Bühne ist die Versuchsanordnung, auf der mit dem Denken begonnen wird.

Quoten, Zahlen, Traumata
Jesidische Flüchtlinge in Deutschland

Von Bettina Rühl

Mittwoch, 28.09.2016, 22.03 Uhr, SWR2

Im Jahr 2015 beschloss die baden-württembergische Landesregierung 1000 schwer traumatisierte jesidische Flüchtlinge aus dem Nordirak aufzunehmen. Hunderttausende waren von der Terrormiliz IS aus ihren Dörfern und Städten vertrieben worden, die zu Schauplätzen von Massenvergewaltigungen und Massenmorden geworden waren. Rund 5000 Frauen wurden zum Teil mit ihren Kindern verschleppt, viele von ihnen schwer missbraucht. In der Region selbst konnte ihnen kaum jemand helfen, weil es zu wenige ausgebildete Psychotherapeuten gibt. Deshalb kamen sie nach Deutschland. Aber war den traumatisierten Frauen wirklich klar, was das Leben ohne ihre Familie im fremden Deutschland für sie bedeuten würde? Und waren die deutschen Helfer dem Ansturm gewachsen?
Das Feature begleitet einige Jesiden auf ihrer Reise vom Nordirak nach Deutschland und beobachtet sie beim Versuch eines Neuanfangs.

Der Fall Debra Milke
23 Jahre in der Todeszelle

Von Rosvita Krausz

Freitag, 30.09.2016, 20:10 Uhr, DLF

Am 3.12.1989 wird in der Wüste von Arizona die Leiche eines kleinen Jungen entdeckt, Christopher Milke, vier Jahre alt. Seine Mörder: Jim Styers, Vietnamveteran, und Roger Scott, debil und schizophren. Doch Detective Armando Saldate nimmt auch Christophers Mutter, Debra Milke, fest.

Er verhört sie ohne Zeugen oder Tonbandaufnahmen, fertigt drei Tage später ein Geständnis aus dem Gedächtnis an, das Debbie nie gesehen oder unterschrieben hat. Ein Prozess folgt, bei dem alle rechtsstaatlichen Grundsätze außer Kraft gesetzt werden. In Arizona zählt das Wort des Sheriffs – Debbie wird zum Tode verurteilt. Erst neun Jahre später finden sich Fürsprecher, die den Justizirrtum auf einer Website „Freiheit für Debbie Milke“ ins Netz stellen und eine Kampagne starten. Nach insgesamt 24 Jahren Haft, 23 davon in der Todeszelle, wird Debra Milke 2015 endlich freigesprochen.

Schwer behindert
Ein Feature über hoch qualifizierte Menschen

Von Charly Kowalczyk

Samstag, 29.10.2016, 13:05 Uhr, Bayern 2, Wiederholung am Sonntag, 21.05 Uhr

Die Arbeitslosigkeit von Schwerbehinderten bleibt hoch, obwohl sich die Lage am Arbeitsmarkt insgesamt verbessert und Unternehmen über Fachkräftemangel klagen. Doch ein Viertel aller beschäftigungspflichtigen Betriebe weigert sich, Menschen mit Behinderungen einzustellen und zahlt stattdessen lieber die vom Gesetzgeber verordneten Ausgleichabgaben. In Bewerbungsverfahren, besonders für Stellen in Leitungsfunktionen, werden Behinderte häufig ausgebremst. Immer wieder vermitteln Arbeitsagenturen und Jobcenter hoch qualifizierte Schwerbehinderte allenfalls an Behinderteneinrichtungen oder in Computerkurse, nicht jedoch auf Stellen, die ihren Fähigkeiten entsprechen. Und dies obwohl Deutschland 2007 als einer der ersten Staaten die UN-Behindertenrechtskonvention unterzeichnet hat, die Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen, auch im Arbeitsleben, verbietet.

Flucht
Im Fadenkreuz

Von Gabriele Knetsch

Samstag, 01.10.2016 um 18:05 Uhr

Für die DDR waren sie „Menschenhändler“, für den Westen anfänglich idealisierte Helden, später Störfaktoren im deutsch-deutschen Dialog und Spielball ideologischer Ränke.

Nicht offiziell, aber heimlich wurden Fluchthelfer unterstützt: Sie profitierten von Geheimfonds des Gesamtdeutschen Ministeriums, kassierten Honorare von der Presse, bekamen Gasmasken von der Berliner Polizei oder wurden vom Verfassungsschutz gewarnt.

Der Oligarchenlehrling

Von Michael Stauffer

Sonntag, 02.10.2016, 14.05 Uhr, SWR2

„Wenn ich Oligarch wäre, würde ich versuchen, meine politische Konkurrenz zu behindern und die Bevölkerung auszunehmen“, erklärt der Schweizer Ökonomieprofessor Reiner Eichenberger. Das klingt interessant, findet der Schweizer Autor und Künstler Michael Stauffer. Also beschließt er, Oligarch zu werden – einflussreich, gut vernetzt, bestechungsfreudig und skrupellos. Aber wo bieten sich noch Möglichkeiten für Nachwuchs-Oligarchen? In Russland ist es schwierig. In der Ukraine ist es gefährlich. Aber in Armenien geht vielleicht noch was – wenn man sich an einen charismatischen Politiker hängt, wenn man ins Geschäft mit Strom, Gas, Transport oder Telekommunikation einsteigt und wenn man wen findet, der einem bei der Oligarchenkarriere hilft. Michael Stauffer versucht es. Und er kommt bei seinem Versuch erstaunlich weit …

Vor dem Gesetz – Justizskandale in New York

Von Simone Hamm

Sonntag, 2. Oktober 2016, 18:05 Uhr

Ein 16-Jähriger Taschendieb wird drei Jahre lang in einem New Yorker Gefängnis festgehalten – ohne Anklage. Über 70 Personen, vor Jahren und Jahrzehnten wegen Mordes verurteilt, beteuern ihre Unschuld.

Ihre Fälle werden neu aufgerollt. New York war in den 1980er-Jahren die Hauptstadt der Kriminalität. Drogenhändler beherrschten die Straße, Morde waren an der Tagesordnung. Die Polizei brauchte Erfolge. Strafen, selbst für kleine Delikte, wurden drastisch erhöht. Das ist bis heute so. Ein einziger Detektiv brachte die Mörder gleich dutzendweise auf die Anklagebank.

Inzwischen sind die ersten der Männer, die aufgrund falscher Aussagen verurteilt wurden, wieder freigelassen worden. Sie erzählen, wie das ist, wenn niemand mehr da ist, der ihnen glaubt. Sie erzählen vom Leben im Gefängnis, von Prügeleien, Folter, Rassismus. Ihre Anwälte berichten vom hartnäckigen Bemühen, Klienten freizubekommen. Bürgerrechtler und Politiker erklären, wie es überhaupt zu Fehlurteilen in diesem Ausmaß kommen konnte. Nicht ein einzelner übereifriger Cop steckt dahinter, sondern ein System. Jetzt steht das New Yorker Justizsystem auf dem Prüfstand.