Bruno S.
Als ich Mensch wurde, musste ich sterben
Von Annett Krause und Matthias Hilke
Mittwoch, 06.08.2014, 0.05 Uhr, DR Kultur
2010 fand man Bruno S. in seiner Berliner Wohnung tot am Flügel sitzend. Er war 78 Jahre alt und hatte seinen Nachnamen geheim gehalten. Instrumente waren seine Familie, denn 23 Jahre verbrachte er – auch während der Nazizeit – in der Isolation von Heimen und Psychiatrien. 1958 ging „der Bruno in Freiheit“, wurde Gabelstaplerfahrer und zog als Moritatensänger über Berlins Hinterhöfe. Werner Herzog war von Bruno S. und der Tragik seines Lebens so beeindruckt, dass er ihn als Kaspar Hauser engagierte. Sie gewannen den Großen Preis der Jury in Cannes. Doch den Menschen traute Bruno lange „nur soweit wie ein Schwein scheißen tut!“
Große Radio-Stimmen: Reinhard Raffalt
Familie Battistini fährt aufs Land und macht Abitur
Samstag, 09.08.2014, 13.05 Uhr, Bayern 2
Im Bayern 2-Sommerradio öffnet der Bayerische Rundfunk sein Schallarchiv für herausragende Produktionen im 20. Jahrhundert. Die Reihe „Offenes Archiv – Das Feature als Dokument seiner Zeit“ widmet sich in den sechs Ausgaben dieses Sommers großen Radiostimmen.
Wenn es Mitte des letzten Jahrhunderts im Radio um Italien ging, dann erklang die Stimme Reinhard Raffalts für die große römische Kultur: Von den Porträts antiker Kaiser über Beschreibungen bedeutender Bauwerke bis hin zu großen Reisereportagen. Dr. Reinhard Raffalt war einer der Autorenpersönlichkeiten des frühen Bayerischen Rundfunks und lebte als freier Schriftsteller in Rom. Seine Features und Hörbilder bestechen jedoch nicht nur durch Raffalts genaue Beobachtung oder seine Freude am gewählten Thema, sondern gerade durch die eigene Art des Vortrags. Reinhard Raffalts Stimme unterstreicht die persönliche Sicht des Autors, etwas in den eigenen Augenschein zu nehmen und darauf die Bewertung zu stützen. Eine seiner beliebtesten Sendungen in den 50er Jahren war die Feature-Reihe „Familie Battistini“. Eine in bester Soap-Opera-Manier gehaltene Schilderung des italienischen Familienlebens jener Zeit. Hier verbindet Reinhard Raffalt seinen präzisen Blick auf die Alltagskultur mit seiner Virtuosität am Reportermikrofon. Dabei bleibt er ein freundlich gesinnter Erzähler, dessen Stimme Hörerinnen und Hörer immer weiter in ihren Bann und in die Mitte des Geschehens zieht. Das „Offene Archiv – das Feature als Dokument seiner Zeit“ wiederholt zwei kürzere Folgen dieser Kultsendung der 50er Jahre. In der ersten Episode packt Familie Battistini die Koffer für eine Landpartie zu einem Onkel, bei dem sie zeitweise ihre Tochter untergebracht hat; in der zweiten dreht sich alles um deren Schulprobleme. Dabei geht es in der Familie – wie immer – hoch her.
Optimieren und Zurichten
Mit Philipp Schönthaler durch die Wirtschaftswelt
Von Joachim Büthe
Sa, 09.08.2014, 18.05 Uhr, DR Kultur
Wie die Wirtschaft funktioniert, ist beim Roman-Autor Philipp Schönthaler nicht das Thema. Ihn interessiert, wie ihre Akteure funktionieren, wie sie ihre Sprache optimieren, um obenauf zu schwimmen, um Machtverhältnisse zu etablieren oder aufrechtzuhalten.
In seinem Roman „Das Schiff das singend zieht auf seiner Bahn“ wird der Manager-Coach zum Sprach-Berater. Der Zwang zur Selbstoptimierung erfordert jedoch eine Disziplin, die kaum durchzuhalten ist. Wie hinter der glatten Fassade die psychosomatischen Verkrüppelungen aufscheinen, dafür hat der Schriftsteller einen Blick entwickelt und wiederum selbst eine Sprache gefunden, um davon zu erzählen.
Hemingways Insel
Von Lorenz Schröter
Sonntag, 10.8.2014, 14.05 Uhr, SWR2
Der eine war Schriftsteller. Der andere war Staatsgründer. 1965, vier Jahre nach dem Tod von Ernest Hemingway, warf sein Bruder Leicester einen alten Automotor 15 Kilometer vor Jamaika in die Karibik, befestigte ein Floß daran und erklärte die schwimmende Insel zum Staat „New Atlantis“. Er ernannte sich selbst zum Präsidenten, führte eine eigene Währung ein, ließ Briefmarken drucken und plante den Ausbau des 30-Quadratmeter winzigen künstlichen Eilands zu einem Zentrum für Meeresforschung – bis ein Sturm den Staat wegfegte. Sechs Einwohner hatte „New Atlantis“: neben Leicester Hemingway und seiner Frau Doris deren Töchter Hilary und Anne und Julia Cellini und Edward K. Moss. Moss war CIA-Agent, Julia Cellini die Schwester eines Mafia-Boss. Sollte das Floß eine Beobachtungsstation in der Nähe von Fidel Castros Kuba sein? Oder ein Zufluchtsort für die Betreiber von Spielcasinos auf den Bahamas? Oder war es einfach ein völlig verrückter Traum? Lorenz Schröter hat die letzten Atlantis-Bewohner Hilary und Anne Hemingway besucht und sich die Geschichte ihres Vaters und seiner Insel erzählen lassen. Und nicht nur die …
Fischer im Gespräch mit Thomas Assheuer
Von Gottfried Bermann
Sonntag, 10. August 2014, 18:05 Uhr, hr2-kultur | Die historische Aufnahme
Über seine ersten Jahre im Verlag erzählt er im Gespräch mit Thomas Assheuer ebenso, wie über seine Erfahrungen mit Schriftstellern wie Alfred Döblin oder Thomas Mann, seine Erfahrungen in der Weimarer Republik und die Veränderungen durch den aufkommenden Faschismus. Breiten Raum nimmt die Zeit des Nationalsozialismus ein, in der Peter Suhrkamp die Geschäftsführung des S. Fischer Verlags übernahm und Bermann Fischer ins Exil gehen musste. Weitere Themen des Gesprächs sind seine verlegerische Tätigkeit in den USA, seine Auseinandersetzungen mit Peter Suhrkamp nach Ende der NS-Zeit und die Literaturproduktion in der unmittelbaren Nachkriegszeit.