Radiotipps für die Woche vom 29. Februar bis 6. März 2016

Modezeichen roter Stern
Junge Linke in Russland

Von Antje Leetz

Dienstag, 01.03.2016, 19:15 Uhr, DLF

Seit dem Zerfall der UdSSR sind die Revolution von 1917, Marx und Sozialismus in Russland passé – dachte die Autorin. Aber ein leiser Zweifel blieb: Sie traf Menschen, die den Untergang der Sowjetunion bedauerten. Der Kapitalismus sei ungerecht und unsozial.

Bei manchen Jugendlichen entdeckte sie als Modezeichen den roten Stern. Von Linken aber vernahm sie nichts. Als sie aber vor Kurzem auf YouTube sah, wie eine junge Frau auf dem Petersburger Newski-Prospekt die “Internationale” sang, horchte sie auf: Da muss es noch etwas geben. Also ist die Idee von sozialer Gerechtigkeit in Russland doch nicht gestorben. In Moskau, Petersburg und Nischni Nowgorod traf sie auf eine junge linke Generation, die sich zu Marx, Trotzki und modernen sozialistischen Alternativen bekennt.

Medien in der Krise
Vertrauen ist gut …

Von Ulrich Teusch

Mittwoch, 02.03.2016, 00.05 Uhr, DR Kultur

Die “etablierten Medien” stecken in der Krise. Zeitungen und Rundfunkanstalten kämpfen um Werbekunden, Auflagen und Online-Klicks – da machen nun auch noch pauschale Vorwürfe von “Lügenpresse” und “Systemmedien” die Runde.

Teile des Publikums fühlen sich falsch informiert. Öffentliche und veröffentlichte Meinung driften auseinander – nicht nur in Deutschland, auch in anderen Ländern.

Immer mehr Menschen weichen auf “Alternativmedien” aus, nutzen die enormen Informationsmöglichkeiten des Internets und basteln sich ihr eigenes Weltbild.

Was kostet die Demokratie?
Die Koch-Brüder und der Wahlkampf in den USA

Von Tom Schimmeck

Mittwoch, 02.03.2016, 22.03 Uhr, SWR2

Niemand mischt massiver in der US-Politik mit als Charles und David Koch – je gut 40 Milliarden Dollar schwer. Sie investieren in ihnen genehme Politiker und Kampagnen, finanzieren Think Tanks und Institute und gründen neuartige Organisationen. Der Koch-gesteuerte Verein “Freedom Works” soll im Wahljahr 2016 über einen Propaganda-Etat von 889 Millionen Dollar verfügen. “Americans for Prosperity”, von den Kochs finanziert, unterhält Ableger in fast allen Bundesstaaten. Die Koch-Brüder herrschen über den Großkonzern Koch Industries, der Papierfabriken, Pipelines und Raffinerien betreibt. Politisch stehen sie am rechten Rand der Republikaner. Sie agitieren gegen “Obamacare”, sind für weitere Steuersenkungen und bestreiten den Klimawandel.

Reading, Thinking, Looking
Eine Begegnung mit der Schriftstellerin Siri Hustvedt

Von Janko Hanushevsky

Freitag, 04.03.2016, 20:10 Uhr, DLF

Wie sehen, wie erinnern, wie fühlen wir? Was bedeutet es, zu schlafen, zu träumen und zu sprechen? Es sind existenzielle Fragen, denen sich die Schriftstellerin Siri Hustvedt in ihrem essayistischen Werk widmet. Sie hat sich mit Neurowissenschaften, Philosophie, Psychoanalyse und Bildender Kunst auseinandergesetzt.

“Ich glaube nicht”, sagt sie, “dass man den Menschen aus der Perspektive einer einzigen Disziplin heraus verstehen kann.” Sich selbst bezeichnet sie als streunende Intellektuelle, kultiviert den Status der Außenseiterin, die zwischen den Disziplinen steht und nirgendwo dazugehört.

Hustvedt wurde 1955 in einer Kleinstadt in Minnesota geboren. Die Mutter war eine Immigrantin aus Norwegen, der Vater ein norwegischer Amerikaner. “Wir haben dazugehört und irgendwie auch nicht”. Schon am Anfang steht die Erfahrung des Fremdseins in der vertrauten Umgebung, die Sehnsucht nach dem “Anderswo”.

Als junge Frau wagt sie den Sprung nach New York. Dort lernt sie den unbekannten Dichter Paul Auster kennen, mit dem sie seit über 30 Jahren verheiratet ist.

Warum sie schreibt? “Ich bin angetrieben von einer tiefen Neugier, was es heißt, ein Mensch zu sein.”

Fünfzig Prozent Zukunft
Unser Leben mit der Huntington-Krankheit

Von Nina und Oliver Buschek

Samstag, 05.03.2016, 13.05 Uhr, BR2
Wiederholung am Sonntag, 21.05 Uhr

Nina Buschek steckte mitten in ihrem Medizinstudium, als bei ihrer Mutter Chorea Huntington diagnostiziert wurde: Eine unheilbare Erkrankung des Gehirns, bei der die Patienten nach und nach die Kontrolle über ihre Körperbewegungen verlieren – oft zeigen sich zudem massive psychische Störungen. Die ersten Symptome treten meistens um das 40. Lebensjahr auf, im Durchschnitt führt Huntington nach 15 Jahren zum Tod.

Ursache der Krankheit ist eine vererbbare Genmutation. Das bedeutet für die Kinder der Erkrankten: Sie tragen ein 50-prozentiges Risiko, dass die Krankheit eines Tages auch sie selbst trifft. Ein Gentest kann Klarheit schaffen, so dass die Betroffenen vor schwerwiegenden Entscheidungen stehen: Wollen sie erfahren, ob ihnen eine leidvolle Zukunft und ein früher Tod bevorstehen? Und wie beeinflusst die Diagnose die Familienplanung?

Gemeinsam mit ihrem Mann erzählt die Autorin die Geschichte ihrer Familie, von schweren Entscheidungen wie der, Kinder zu bekommen, und dem Abwägen zwischen Ungewissheit und womöglich fataler Sicherheit. Sie stellen sich zwingenden Fragen der Humangenetik, treffen ein Ehepaar, das schon seit Jahren mit der Huntington-Erkrankung des Mannes leben muss, und den amerikanischen Neurowissenschaftler Jeff Carroll, dessen Mutter an Huntington gestorben ist – und der gleichzeitig zu den prominentesten Forschern auf diesem Feld zählt. Seine Hoffnungen sind derzeit groß wie nie zuvor: Dank der enormen gentechnischen Fortschritte der letzten Jahre könnte die Entwicklung eines wirksamen Medikaments tatsächlich bevorstehen. Doch für die Träger des Gens läuft die Zeit.

Flucht nach Europa
Kinder von Sodom und Gomorrha

Von Jens Jarisch

Samstag, 05.03.2016, 18.05 Uhr, DR Kultur

Sodom und Gomorrha ist ein Armutsviertel in Accra, der Hauptstadt von Ghana. Tausende Kinder kommen hierher. Ihr Traum heißt Europa. Für die meisten geht er nicht in Erfüllung. Der Autor spricht mit ihnen und geht der Herkunft des Elektroschrotts nach.

Ein Mädchen, das eigentlich in die Schule gehen sollte, verkauft von morgens bis abends Trinkwasser. Um sie herum zerschlagen Jungen, von denen der kleinste sechs Jahre alt ist, gebrauchte Computermonitore und andere Elektrogeräte mit bloßen Händen.

Dann zünden sie die Schrotthaufen an. Wenn alle Kunststoffe verbrannt sind, bleibt Kupfer übrig.

Fukushima 3.11
Der Stoff für Kunst in Japan

Von Barbara Geschwinde

Sonntag, 06.03.2016, 14.05 Uhr, SWR2

Erdbeben, Tsunami und Super-Gau – die Dreifachkatastrophe von Fukushima jährt sich am 11. März zum fünften Mal. Radioaktive Strahlung sieht man nicht, riecht man nicht, schmeckt man nicht. Nach der Schockstarre von 3.11, wie Japaner die Katastrophe von Fukushima nennen, beginnen japanische Künstler mit der Aufarbeitung. Toshio Hosokawa etwa komponiert ein in Salzburg uraufgeführtes tönendes Memorial auf das Gedicht “Klage” von Georg Trakl. Der Psychiater Kuro Tanino schreibt für das Theater Krefeld-Mönchengladbach das Stück “Käfig aus Wasser” über einen Mann, der durch die Gefahr der unsichtbaren Strahlung paranoid wird. Fukushima 3.11 ist für die Kunstszene in Japan bis heute ein Thema.

Caroline von Schelling und Dorothea von Schlegel:
Porträt zweier Salonièren des 18. Jahrhundert

Von Margareta Bloom-Schinnerl

Sonntag, 6. März 2016, 18:05 Uhr, hr2

Anlässlich des internationalen Frauentags am 8. März möchten wir an zwei Salonièren des 18. Jahrhunderts erinnern. Caroline und Dorothea sind klug und gebildet, begnadete Briefschreiberinnen, mehrfach verheiratet und scheren sich wenig um die Normen der Gesellschaft.

Caroline wurde 1763 in Göttingen als Professorentochter und Dorothea 1764 in Berlin als Tochter des berühmten Aufklärers Moses Mendelssohn geboren. Vor ihnen liegt ein ebenso leidenschaftliches wie skandalumwittertes Leben, das geprägt ist durch die Salonkultur des 18. Jahrhunderts, durch den engen Umgang mit Dichtern und Philosophen, durch Freundschaftsbünde, Frühromantik und Französische Revolution.

Bittere Ereignisse pflastern ihren Lebensweg, aber auch Sternstunden. Ende des 18. Jahrhunderts treffen sie aufeinander und leben für eine Weile zusammen in Jena in einer Wohngemeinschaft mit den Schlegel-Brüdern. Die Autorin folgt den Spuren der beiden außergewöhnlichen Frauen, die für ihr unkonventionelles Leben einen hohen Preis zahlen mussten.

 

Radiotipps für die Woche vom 21. bis 28. Februar 2016

Bürgermeister mit zwei Pässen
Wie der Marokkaner Ahmed Aboutaleb Rotterdam regiert

Von Claudia Heissenberg

Dienstag, 23.02.2016, 19:15 Uhr, DLF

Die Wahl war geheim und das Ergebnis eine Sensation: Im Januar 2009 übernahm der gebürtige Marokkaner Ahmed Aboutaleb das höchste Amt in Rotterdam. Die zweitgrößte Stadt der Niederlande, in der fast die Hälfte der 600.000 Einwohner Ausländer sind, gilt als eine Hochburg der Rechten.

Die Wahl war geheim und das Ergebnis eine Sensation: Im Januar 2009 übernahm der gebürtige Marokkaner Ahmed Aboutaleb das höchste Amt in Rotterdam. Die zweitgrößte Stadt der Niederlande, in der fast die Hälfte der 600.000 Einwohner Ausländer sind, gilt als eine Hochburg der Rechten. Die rechtspopulistische Partei “Lebenswertes Rotterdam”, damals die größte Fraktion im Parlament der Stadt, bezeichnete den neuen Bürgermeister auch prompt als den falschen Mann an der Spitze einer Stadt, in der sich ein Großteil der Migranten der Integration verweigere.

Für viele Migranten hingegen ist der Sozialdemokrat und strenge Muslim, der bis heute neben der niederländischen auch die marokkanische Staatsbürgerschaft besitzt, der lebende Beweis, dass auch Einwanderer in den Niederlanden Karriere machen können. Für andere ist er ein Überläufer und Verräter, einer, der vergessen hat, wo er herkommt. Denn Aboutaleb ist ein Mann der klaren Worte. Von seinen Landsleuten verlangt er rigoros, die Normen und Werte der niederländischen Gesellschaft zu akzeptieren. Nach dem Anschlag auf die Redaktion der französischen Satirezeitschrift “Charlie Hebdo” polterte er in einer Fernsehansprache: “Wenn es Euch hier nicht gefällt, wenn Euch Karikaturisten nicht passen, dann haut doch ab!”

Im Visier der Taliban
Ein Feature über afghanische Helfer in deutschen Diensten

Von Rainer Schwochow

Mittwoch, 24.02.2016, 22.03 Uhr, SWR2

Seit 2002 ist die Bundeswehr in Afghanistan im Einsatz. Ohne einheimische Helfer hätte sie ihre Aufgaben nicht erfüllen können. Doch mit dem teilweisen Abzug deutscher Soldaten ist das Leben dieser “Ortskräfte” gefährlich geworden. Als Mitarbeiter der “Ungläubigen” werden sie von den Taliban mit dem Tode bedroht. Die Flucht nach Deutschland erscheint vielen deshalb als einziger Ausweg. Doch ihre Anträge auf Einreise bearbeitet die Bundeswehr zögerlich und lehnt sie oft auch ab. Mit fatalen Konsequenzen: Einige Helfer wurden schon umgebracht. Warum reagiert Deutschland so zurückhaltend? Nach welchen Kriterien wird entschieden? Der Autor trifft ehemalige Ortskräfte in Deutschland und Afghanistan; er sucht nach Erklärungen bei Verantwortlichen in Politik und Bundeswehr.

Erinnerungen an Fritz J. RaddatzDandy und Dichter

Von Rosvita Krausz

Freitag, 26.02.2016, 20:10 Uhr, DLF

Fritz J. Raddatz war der widersprüchlichste deutsche Intellektuelle seiner Generation: so gebildet wie geistreich, so streitbar wie umstritten. Geboren 1931 in Berlin, war er von 1960 bis 1969 stellvertretender Leiter des Rowohlt Verlages, von 1977 bis 1985 Feuilletonchef der “Zeit”, von 1969 bis 2011 Vorsitzender der Kurt-Tucholsky-Stiftung.

Die bekanntesten Bücher von ihm sind seine beiden Tagebuchbände. Ohne Rücksicht auf Verluste teilt er darin aus. Oft mit einem Einschlag ins Komische, Übertreibende und rigoros Selbstironische. Rainald Goetz kommentierte: “Den Roman liest man im Rausch, hunderte Seiten in ein paar Tagen, so gierig wie Raddatz gelebt hat”.

Sein letztes Buch hat er noch drei Wochen vor seinem Tod in Hamburg vorgestellt, elegant und wortgewaltig wie immer. Für viele war sein selbstgewählter Tod ein großer Schock. Ein Jahr später geht das Feature dem Leben und Sterben dieses widersprüchlichen Intellektuellen nach.

Über Krieg, Geschichte und Trauma
Jenseits der Trivialisierung des Tötens

Von Heike Brunkhorst und Roman Herzog

Samstag, 27.02.2016, 18.05 Uhr, DR Kultur

Die Psychoanalytiker Françoise Davoine und Jean-Max Gaudillière verfolgen seit 40 Jahren die Weitergabe von Traumata über Generationen hinweg. Ihr Fazit: Gewalt ist das Fundament unserer Kultur.

Was macht extreme Gewalt mit Menschen, die ihr ausgesetzt sind? Janine di Giovanni berichtet seit über 20 Jahren von immer brutaleren Kriegen. Erst im gewöhnlichen Alltagsleben ist sie zusammengebrochen.

Ein israelischer Scharfschütze hat an gezielten Tötungen mitgewirkt und sein Schweigen gebrochen.

Die Draufgängerin

Von Egon Koch

Sonntag, 28.02.2016, 14.05 Uhr, SWR2

Party. Drogen. Koma. Der 16-jährigen Tochter des Autors Egon Koch passierte das, wovor alle Eltern Angst haben. 54 Stunden dauerte es, bis sie wieder aufwachte. Die Zeit auf der Intensivstation war der Höhepunkt im Drama ihres Erwachsenwerdens. In jungen Jahren hatte sie bereits einiges erlebt: Trennung der Eltern und Tod des neuen Partners der Mutter. Überfordert damit, ihrer trauernden Mutter eine Mutter zu sein, suchte sie den Ausweg im exzessiven Feiern. Bis zum völligen Zusammenbruch. Im Krankenhaus erwacht sie als ein anderer Mensch. Auf die Katharsis folgen ein Tattoo, die erste Liebe und immer wieder die Suche nach Momenten von Freiheit und Glück. Sie wird 18, macht das Abitur und geht gereift in eine offene Zukunft. Die Geschichte einer Heranwachsenden ist zugleich eine über das Verhältnis zwischen Tochter und Vater. Seit ihren frühesten Kindertagen hat Egon Koch Gespräche mit seiner Tochter auf Band aufgezeichnet.

 

Radiotipps für die Woche vom 15. bis 21. Februar 2016

Wahlkampf in den USA Was kostet die Demokratie?

Von Tom Schimmeck

Dienstag, 16.02.2016, 19:15 Uhr, DLF

Niemand mischt massiver in der US-Politik mit als “Charles and David Koch” – je gut 40 Milliarden Dollar schwer. Sie investieren in ihnen genehme Politiker und Kampagnen, finanzieren Think Tanks und Institute und gründen neuartige Organisationen.

Der Kochgesteuerte Verein Freedom Works soll im Wahljahr 2016 über einen Propaganda-Etat von 889 Millionen Dollar verfügen. Americans for Prosperity, von den Kochs finanziert, unterhält Gliederungen in fast allen Bundesstaaten.

Die Koch-Brüder herrschen über den Großkonzern Koch Industries, der Papierfabriken, Pipelines und Raffinerien betreibt. Politisch stehen sie am rechten Rand der Republikaner. Sie agitieren gegen Obamacare für weitere Steuersenkungen und bestreiten den Klimawandel.

Libyen
Eine Reise in den Abgrund

Von Bettina Rühl

Mittwoch, 17.02.2016, 22.03 Uhr, SWR2

In Libyen verhalfen die NATO und einige arabische Staaten vor vier Jahren bewaffneten Milizen zu einem Sieg über den langjährigen Diktator Muammar al-Gaddafi. Doch was ein Systemwechsel werden sollte, führte zu permanentem Bürgerkrieg und zum Kollaps von Gesellschaft, Staat und Wirtschaft. Das Land ist zerfallen, zwei Regierungen ringen um die Vorherrschaft. Konkurrierende Milizen, darunter der Islamische Staat, kämpfen um Einflussgebiete. Ökonomische, ethnische und ideologische Interessen sind dabei kaum unterscheidbar. Für die Bevölkerung wird das Leben immer schwieriger, Lebensmittel und Benzin werden in dem ölreichen Land immer knapper, Medikamente und medizinische Behandlungen zum Luxus. Was ein Kampf für Demokratie werden sollte, stellt sich heute für viele als Kampf ums pure Überleben dar. Wie bewältigen sie überhaupt noch ihren Alltag in einem kollabierten Staat, einer kollabierten Wirtschaft? Wen machen sie für das Chaos verantwortlich, von wem erhoffen sie sich Hilfe.

Fremdenfeindlichkeit im OstenWer ist das Volk?

Von Thomas Gaevert

Mittwoch, 17.02.2016, 00:05 Uhr, DR Kultur

Auch in der DDR gab es Ausländer. Vertragsarbeiter wurden sie genannt. Sie kamen aus Vietnam, Mosambik, Angola und anderen Bruderländern. Doch von sozialistischer Solidarität war nicht viel zu spüren.

Von den DDR-Bürgern wurden die Migranten aber sorgsam abgeschottet. Kam es dennoch zu Begegnungen, gab es Vorbehalte, Diskriminierungen und Konflikte.

Liegen hier die Ursachen für eine besondere Form von Fremdenfeindlichkeit, die sich durch enttäuschte Hoffnungen nach der Wende noch verstärkt hat? Führt von hier ein direkter Weg zur Pegida-Bewegung?

Jozi-Stories
Das Johannesburg der Künstler

Von Gaby Mayr und Günther Beyer

Freitag, 19.02.2016, 20:10 Uhr, DLF

“Die Stadt ist meine Muse”, sagt Billie Zangewa, die aus Malawi nach Johannesburg kam und mit ihrer Textilkunst international Erfolg hat. Doch immer noch bildet die Apartheid den Hintergrund künstlerischer Reflexion in Jo’burg, Kosename Jozi. Familiengeschichten, die von der Apartheid beschädigt wurden.

Die Fotografin Lebohang Kganye etwa hat beim Market Photo Workshop im Johannesburger Zentrum ihre Kunst gelernt. Ihre Collagen erzählen: Ihr Kollege Muntu 
Vilakazi porträtiert die Glitzerwelt der schwarzen Aufsteiger. Der Schriftsteller Ivan Vladislavic, aus einer irisch-kroatischen Familie stammend, siedelt seine Geschichten unter den kleinen weißen Leuten im Johannesburger Stadtteil Troyeville an. Niq Mhlongo schreibt über Soweto, den Ort, an dem er aufgewachsen ist. Und William Kentridge?

Der vielleicht bekannteste Künstler aus Jo’burg ist überzeugter Bürger der Stadt, aber selten zu Hause. Die Autoren besichtigten seine Studios – und treffen ihn schließlich in Amsterdam.

First Contact
Was, wenn die Erde Besuch bekommt?

Von Thomas Palzer

Samstag, 20.02.2016, 13:05 Uhr, Bayern 2

Wiederholung am Sonntag, 21.05 Uhr

Die NASA ist davon überzeugt, dass in den nächsten Jahren extraterrestrisches Leben entdeckt werden wird – und mit ihr sind es die meisten Naturwissenschaftler und die Mehrheit der deutschen Bevölkerung. Aber werden wir außerirdisches Leben überhaupt als solches erkennen können? Und was bedeutet seine Existenz, wenn es denn existiert, für uns – für die Stellung des Menschen im Kosmos?
Im Oktober 1997 gestartet, untersucht die Cassini-Sonde seit elf Jahren den Saturn und seine Monde. Und inzwischen hat er auf den Monden Io, Europa, Titan und Enceladus flüssiges Wasser entdeckt – in Form von gigantischen Ozeanen unter einer dicken Eisschicht. Es ist mehr als wahrscheinlich, dass demnächst dort primitives Leben nachgewiesen werden kann – und der Unterschied zwischen primitivem und intelligentem Leben ist bekanntlich nur eine Frage der Zeit.
Das Feature stellt sich dem Szenario, dass die Erde Besuch bekommen hat – von einer Sonde aus zweifelsfrei nicht-terrestrischer Hand. Was passiert, wenn wir entdecken müssen, dass wir besucht worden sind und von einer Sonde beobachtet werden, die den Instrumenten ähnelt, mit denen wir ansonsten andere Planeten besuchen und beobachten.
Wird das der so genannte First Contact sein – und: Was nun?

Radiomacher zwischen Berlin und Aleppo
Syria FM

Von Julia Tieke

Samstag, 20.02.2016, 18.05 Uhr, DR Kultur

Sie heißen “Syrische Brisen”, “Radio Seele”, “Unser Land FM” oder “Radio für alle” – über 20 syrische Radiosender sind in den letzten drei Jahren entstanden – mit Mitarbeitern in Syrien und Studios im Ausland.

Angetrieben vom Wunsch nach friedlicher Veränderung, wollen die zumeist jungen Radiomacher/innen dem Klang des Krieges etwas entgegen setzen, die Stimme erheben, informieren, endlich frei sprechen. Über das Internet, per Satellit und mit nach Syrien geschmuggelten Antennen überwinden sie im Radioraum Grenzen, verbinden Exil und Heimat.

Die Autorin hat über den Zeitraum eines Jahres syrisches Radio gehört und die Macher in Berlin, Istanbul und Gaziantep besucht.

Angel Radio
Der Soundtrack der Erinnerungen

Von Michael Lissek

Sonntag, 21.02.2016, 14.05 Uhr, SWR2

In der kleinen südenglischen Ortschaft Havant, im Hinterzimmer eines Antiquitätengeschäftes gibt es einen Lokalradiosender, der sich AngelRadio nennt: “A Radio for Older People from Older People”. Bob, Tony, Jilly, Peter und Linda gehören zu den Radiomachern. Alle sind über 70 und Margret ist sogar 91. Sie kümmern sich um ein Publikum, das nicht wesentlich jünger ist als sie selbst. Und spielen ausschließlich Musik, die vor 1960 aufgenommen wurde. Musik, die die Zuhörer an ihre Jugend erinnert. AngelRadio ist “pure nostalgia”. Eine Nostalgie, die sich auch Hörern vermittelt, die die “guten alten Zeiten” nicht miterlebt haben. Die Schelllackplatten knistern, man hört Folgen eines in den 1940-er Jahren aufgenommenen Kinder-Hörspiels, und die Hörer tauschen sich über ihre frühesten Erinnerungen aus. Ein Feature über die Magie des Radios und seine noch immer lebensspendende Kraft.

 

Radiotipps für die Woche vom 7. bis 14. Februar 2016

Libyen
Eine Reise in den Abgrund

Von Bettina Rühl

Dienstag, 9.2.2016, 19.15 Uhr, DLF

In Libyen verhalfen die NATO und einige arabische Staaten vor vier Jahren bewaffneten Milizen zu einem Sieg über den langjährigen Diktator Muammar al-Gaddafi. Doch was ein Systemwechsel werden sollte, führte zu permanentem Bürgerkrieg und zum Kollaps von Gesellschaft, Staat und Wirtschaft. Wer ist für dieses Chaos verantwortlich?

Das Land ist zerfallen, zwei Regierungen ringen um die Vorherrschaft. Konkurrierende Milizen, darunter der “Islamische Staat”, kämpfen um Einflussgebiete. Ökonomische, ethnische und ideologische Interessen sind dabei kaum unterscheidbar. Für die Bevölkerung wird das Leben immer schwieriger, Lebensmittel und Benzin werden in dem ölreichen Land immer knapper, Medikamente und medizinische Behandlungen zum Luxus.

Was ein Kampf für Demokratie werden sollte, stellt sich heute für viele als Kampf ums pure Überleben dar. Wie bewältigen sie überhaupt noch ihren Alltag in einem kollabierten Staat, einer kollabierten Wirtschaft? Von wem erhoffen sie sich Hilfe?

Kybernetik made in GDR
Deutsches Demokratisches Rechnen
Die Geschichte einer abgebrochenen Computerrevolution

Von Dietmar Dath und Thomas Gebel

Mittwoch, 10.02.2016, 00:05 Uhr, DR Kultur

Was hat die Begeisterung Walter Ulbrichts für die Kybernetik mit der Datensammelei von “BIG DATA” heute zu tun? Moderne Kybernetik wurde in der Sowjetunion zunächst als reaktionäre Irrlehre bekämpft.

“Bürgerlich” fand man die Steuerungstheorie, ohne die die heutige Informationstechnik undenkbar ist.

Doch in den Sechziger-Jahren begann auch die DDR mit einem Experiment zur Nutzung elektronischer Datenverarbeitung.

Meine Firma in Bulgarien
Griechische Unternehmer wandern aus

Von Marianthi Milona

Mittwoch, 10.02.2016, 22:03 Uhr, SWR2

Mehr als ein Drittel der griechischen Unternehmen haben eine Hausadresse in Bulgarien, Rumänien, Mazedonien oder Albanien. Dass viele griechische Firmen in den letzten Jahrzehnten in die angrenzenden Balkanländern abgewandert sind, ist nicht neu, hat auch nicht erst mit der Krise in Griechenland begonnen. Dennoch ist die Zunahme ungewöhnlich. Welche Gründe veranlassen einen griechischen Geschäftsmann, sich im benachbarten Land niederzulassen? Und welche Schwierigkeiten erwarten ihn vor Ort? Die griechischen Geschäftsleute erzählen über ihren Alltag im Ausland und die Folgen, die ein solcher Umzug für ihr persönliches Leben, aber auch für die Wirtschaft in ihrer Heimat mit sich bringt.

Fünf Freunde in Syrien
Damaskus mon amour

Von Karin Leukefeld

Samstag, 13.02.2016, 18:05 Uhr, DR Kultur

Keiner der fünf Freunde ist Anhänger der Assad-Regierung. Als im März 2011 in Syrien die Unruhen beginnen, diskutieren sie, was man tun könnte. Sie helfen Inlandsvertriebenen, organisieren kulturelle und sportliche Events, um ein Auseinanderbrechen der Gesellschaft zu verhindern.

Julia arbeitete in einem Ministerium. Amer führte mit Kollegen ein Dolmetscherbüro. Selim war bei einer Versicherung tätig. Jihad träumte von einer Ausbildung zum Journalisten, Safwan wollte an der Uni Karriere machen. Sie sind Christen, Muslime, Ismaeliten, Palästinenser und Drusen.

Der Universalgelehrte Raoul Hausmann
Wir fordern die Erweiterung und Eroberung aller unserer Sinne

Von Joachim Büthe

Freitag, 12.02.2016, 20:10 Uhr, DLF

Am Anfang war Dada. Doch August Sander ordnet Raoul Hausmann in seinem Bildatlas “Menschen des 20. Jahrhunderts” nicht den Künstlern zu, sondern den Technikern und Erfindern. Er porträtiert ihn im selbst entworfenen, etwas groß geratenen Anzug.

Nach Dada wendet sich Hausmann der Optophonetik zu, seiner Theorie der Umwandlung von optischen in akustische Signale und wieder zurück. Um dies erreichen zu können, wird Hausmann zum Künstleringenieur. Zwei Patente sind auf seinen Namen angemeldet. Diese Wandlung, bei der die dadaistischen Prinzipien der Montage und Collage nicht verloren gehen, macht ihn zu einem der Vorläufer heutiger Medienkunst.

Im Exil lassen sich die technischen Experimente nicht weiterführen. Hausmann wendet sich jetzt der Fotografie zu, sowohl praktisch als auch theoretisch. Sein Versuch, die menschliche Wahrnehmungsfähigkeit zu erweitern, findet ein neues Feld. Seine Grundeinstellung verändert sich jedoch nicht. Sie besteht auch darin, laufend neue theoretische Gebäude zu errichten, um sie umgehend wieder einzureißen. Er bleibt ständig in Bewegung, wechselt furchtlos die Perspektiven und Gebiete und scheut den Selbstwiderspruch nicht. Auch am Ende war Dada.

Die Zeit, die noch bleibt
Auf einer Palliativstation in Heidelberg

Von Reinhard Schneider

Samstag, 13.02.2016 13:05 Uhr, Bayern 2, Wiederholung am Sonntag, 21:05 Uhr

Zwei Wochen lang begleitete der Autor rund um die Uhr Patienten, Angehörige und das Stationspersonal einer Palliativstation in Heidelberg. Irmgard B. führte einst ein kleines Flugunternehmen, jetzt liegt sie im Sterben und singt mit einer Musiktherapeutin alte Schlager. Im benachbarten Zimmer versucht Burkhard B. die Ärzte davon zu überzeugen, seinen nahenden Tod zu beschleunigen. Die Frau eines todkranken Orchestermusikers wirkt plötzlich wie gelöst, als sie erfährt, dass ihr Mann in wenigen Tagen sterben wird. Fast keiner der Patienten hat die vierzehn Tage überlebt. Es waren allerdings nicht nur Kummer und Leid, die der Autor hier erlebte, sondern zugleich Hoffnung und Trost. Sterben kann unter bestimmten Bedingungen gleichsam gelingen. Die Palliativmedizin sieht im Prozess des endgültigen Entschlummerns am Ende des Lebens durchaus Gemeinsamkeiten mit dessen Beginn, der Geburt: Beides bedarf menschlicher Anteilnahme, Hilfe und Zuwendung.

Schnelle Eingreiftruppe mit Musik
Die neuen Aufgaben der Bundeswehr-Orchester

Von Anja Kempe

Sonntag, 14.02.2016, 14:50 Uhr, SWR2

Die Trommeln, Flöten und Posaunen und die Knöpfe der Uniformen blitzen in der Sonne, die durch die Fenster des Probensaals fällt. Die Musikkorps der deutschen Streitkräfte üben für ihre Auftritte in Kriegs- und Krisengebieten. Sie sollen die einheimischen Bevölkerungen mit Musik unterhalten, in Afghanistan, Afrika und anderswo. Intern gilt das als strategischer Kampfeinsatz. Die gegenwärtigen Schlachten könnten nicht mehr allein mit Waffen geschlagen werden, heißt es. Doch wie interpretiert man in Timbuktu oder Kabul ein Platzkonzert mit Schlagzeugsolo, im militärischen Auftrag dargeboten von deutschen Musikfeldwebeln?