Radiotipps für die Woche vom 1. bis 7. Juni 2015

Viva con Agua – Eine Initiative aus St. Pauli

Von Michael Enger

Dienstag, 02.06.2015, 19:15 Uhr, DLF

Sie gilt als die etwas andere Hilfsorganisation aus dem etwas anderen Milieu – die Initiative Viva con Agua, die sich für sauberes Trinkwasser und sanitäre Grundversorgung in Entwicklungsländern engagiert. Der international tätige Verein entstand im Hamburger Stadtteil St. Pauli und ist eng verbunden mit dem dortigen Fußballclub.

Im Jahr 2005 startete Benny Adrion, damals Mittelfeldspieler beim FC St. Pauli, nach einem Trainingslager auf Kuba ein erstes Wasserprojekt. Daraus ist ein internationales Netzwerk mit mittlerweile über 6.000 ehrenamtlichen Unterstützern geworden. Zahlreiche Projekte konnte man bereits finanzieren und damit mehr als 500.000 Menschen in Afrika, Lateinamerika und Asien helfen. Viva con Agua wird vor allem von jungen Leuten, Künstlern und Sportlern unterstützt. Man finanziert sich durch Spenden und kulturübergreifende Veranstaltungen.

Lage, Lage, Lage
Auf Monopoly-Straßen von 1936 durch Berlin

Von Egon Koch

Mittwoch, 03.06.2015, 00:05 Uhr, DR Kultur

Als das Monopoly-Spiel 1936 in Deutschland eingeführt wurde, gab es nur Berliner Straßennamen auf dem Spielfeld: das teuerste Grundstück war die Insel Schwanenwerder am Wannsee. Dort wohnte Propagandaminister Joseph Goebbels.

Er wollte nicht als Besitzer einer teuren Immobilie gelten und verbot das Spiel gleich wieder.

1953 kam ein neues Monopoly auf den Markt – mit Allerweltsstraßennamen. Autor Egon Koch geht noch einmal durch die alten Monopoly-Straßen und Bahnhöfe, selbst ins Gefängnis. Er entdeckt, wo das Spiel noch heute Wirklichkeit wird. Und wo in der heutigen Wirklichkeit das Spiel aufhört: bei Wohnungs- und Mietpreisen, bei Spekulation und Bankrott.

Wüstenblumen
oder Die Beschneidung von Mädchen

Von Heike Tauch

Mittwoch, 03.06.2015, 22:03 Uhr, SWR2

Nach Schätzungen der WHO leben heute auf der Welt rund 150 Millionen Frauen mit Genitalverstümmelung – in Deutschland sind es ca. 50.000. Bis zu drei Millionen Mädchen droht jedes Jahr dasselbe Schicksal. Diese vor allem in Afrika angewendete Praxis, ist durch die Migration vieler Tausender Frauen nach Europa längst auch bei uns ein Thema – oder sollte es zumindest geworden sein. Durch das ehemalige Topmodel aus Somalia, Waris Dirie, UN-Sonderbotschafterin gegen die Beschneidung weiblicher Genitalien und ihr Buch “Wüstenblume” ist die brutale Praxis erstmalig in das breitere westliche Bewusstsein gerückt. Dirie gründete eine eigene Stiftung und eröffnete zusammen mit dem Berliner Klinikum “Waldfriede” 2013 ein weltweit bislang einzigartiges Behandlungszentrum für Betroffene. Was ist erforderlich, damit diese archaische Tradition hierzulande endet und nicht in den Nischen sich ausbreitender Parallelgesellschaften fortgeführt wird?

Dark tourism
Vergnügungsreisen ins Grauen

Von Tom Schimmeck

Freitag, 05.06.2015, 20:10 Uhr, DLF

In Scharen strömen moderne Reisende in ehemalige Kerker und Konzentrationslager, urlauben am liebsten dort, wo einst Kriege tobten, wo Natur- und Atomkatastrophen Land und Leben zerstörten. Mit prickelndem Ekel inhalieren sie den Gestank indischer Slums, inspizieren mit kundigem Blick Folterzentren wie die berüchtigte Tuol-Sleng-Schule in Phnom Penh, selbst Tatorte von Serienmördern erfreuen sich wachsender Beliebtheit.

Der Schrecken ist nicht nur immer und überall, er ist zum Event geworden. Ground Zero steht nicht allein. Die Gänsehaut, hübsch konserviert, avanciert zur festen Attraktion im Reisebusiness. Schon untersuchen Forscher die große Lust am kalten Grauen, den Reiz des sogenannten dunklen Tourismus, seine Botschaften, seine Ingredienzien, seine Moral. Sucht der Reisende nur nach dem allerletzten Thrill? Oder führt der Blick auf das Elend von Mitmenschen, wie ein Wissenschaftler meint, am Ende zu einer neuen Sensibilität, einem “Aufschäumen” des Moralempfindens?

Utopia Ser Verde
In den Stadtgärten von Roberto Burle Marx

Von Carsten Probst

Samstag, 06.06.2015, 18:05 Uhr, DR Kultur

Am Tag vor seiner Pensionierung unternimmt der alte Gärtner Falon einen letzten Rundgang durch “seinen” Park, den Ibirapuera-Park in Sao Paulo. Er berichtet von der Verwandlung, die der Park durch die harte Realität der Megacity erfahren hat.

“Ibira” zählt zu den Schöpfungen des Landschaftsarchitekten Roberto Burle Marx Anfang der 1950er Jahre und ist ähnlich berühmt wie sein Flamengo-Park in Rio de Janeiro.

Auf der Suche nach der letzten Natur-Utopie des 20. Jahrhunderts, gebildet aus der bedrohten Pflanzenvielfalt des Amazonaswaldes, folgt das Feature Klängen und Stimmen und stillen wie dröhnenden Atmosphären dieser einstmals grünen Inseln im Häusermeer.

Syria FM
Begegnungen mit Radiomachern zwischen Berlin und Aleppo

Von Julia Tieke

Samstag, 06.06.2015, 13:05 Uhr, BR2
Wiederholung am Sonntag, 21.05 Uhr

Sie heißen ‘Syrische Brisen’, ‘Radio Seele’, ‘Unser Land FM’ oder ‘Radio für alle’ – über 20 syrische Radiosender sind in den letzten vier Jahren entstanden mit Mitarbeitern in Syrien und Studios im Ausland. Angetrieben vom Wunsch nach friedlicher Veränderung, wollen die zumeist jungen Radiomacherinnen und -macher dem Klang des Krieges etwas entgegensetzen, die Stimme erheben, informieren, endlich frei sprechen.
Über das Internet, per Satellit und mit nach Syrien geschmuggelten Antennen überwinden sie im Radioraum Grenzen, verbinden Exil und Heimat.

Rot-Gold
Das schönste und kommunistischste Dorf Deutschlands

Von Peter Kessen

Sonntag, 07.06.2015, 14:05 Uhr, SWR2

Ueberau ist ein Örtchen am Rande des Odenwaldes mit 2.300 Einwohnern und zwei Besonderheiten. Zum einen wurde es 2013 als “Golddorf” im Bundeswettbewerb “Unser Dorf hat Zukunft” vom Ministerium für Ernährung und Landwirtschaft ausgezeichnet. Zum anderen ist es eine der letzten Hochburgen der Deutschen Kommunistischen Partei. 33,5 Prozent der Stimmen holte die DKP bei der letzten Kommunalwahl. Ein Bundesgolddorf, wo rote Fahnen wehen? Wie kann das sein? Und wo führt das hin? Etwa in eine Zukunft, in der sozialistische Utopien als ökologische Verschönerung recyclet werden? Jedenfalls scheint der Kommunismus weder die Anlage großflächiger Streuobstwiesen, noch das Engagement in anderen Gruppierungen zu verhindern: 20 Vereine hat das 2.300-Einwohner-Örtchen – mit insgesamt mehr als 3.000 Mitgliedern.

Kampf gegen Windmühlen

Von Dorothee Meyer-Kahrweg

Sonntag, 07.06.2015, 18:05 Uhr, hr2

Die Hessische Landesregierung hat ein hohes Ziel: Bis zum Ende der Legislaturperiode will sie den Anteil der erneuerbaren Energien am Stromverbrauch verdoppeln und bis 2050 soll der Stromverbrauch möglichst zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien gedeckt werden. Windkraft soll daran einen maßgeblichen Anteil haben. Das freut viele Kommunen in den Mittelgebirgen, die auf neue Einnahmequellen durch die Windräder hoffen. Doch Windkraftgegner laufen Sturm gegen die Rotoren und entdecken ihre Liebe zu Rotmilan und Schwarzstorch, die durch die Windkraftanlagen leiden könnten. Die Autorin lauscht den sich emsig drehenden Windrädern, spricht mit Freunden der Windkraft und deren Gegnern und fragt, ob Hessen die Energiewende schafft.

 

Radiotipps für die Woche vom 18. bis 24. Mai 2015

Über die Organisation einer Willkommenskultur

Von Ralph Gerstenberg

Dienstag, 19.05.2015, 19:15 Uhr, DLF

Im November 2013 wurde im Berliner Bezirk Pankow ein neues Flüchtlingsheim in Betrieb genommen. Befürchtete Proteste blieben weitestgehend aus, da das Bezirksamt unter dem Motto “Wir in Pankow – tolerant und weltoffen” eine Informationsoffensive aufgelegt hatte, mit der Anwohner von Anfang an für das Projekt gewonnen werden konnten.

Bei Ankunft der Asylbewerber waren die Lagerräume des Heimes mit Sachspenden prall gefüllt. Ein Unterstützerkreis hatte sich gebildet, der sich unter dem Slogan “Refugees welcome” mit den Flüchtlingen solidarisierte, Deutschkurse organisierte, Kinder betreute, bei Amtsgängen behilflich war. Gelegentliche Versuche, Stimmung gegen das Heim zu machen, verebbten bald.

Die Bürgerinitiative hingegen hält bis heute an. Am Beispiel des Pankower Asylbewerberheimes geht das Feature der Frage nach, wie in einem Stadtteil eine Willkommenskultur für Flüchtlinge geschaffen werden kann und wie daraus ein nachhaltiges Engagement in der Flüchtlingsbetreuung entsteht.

Ai Weiwei. Verdächtiger #1.7
Chinas Künstler und Dissident

Von Peter Moritz Pickshaus

Mittwoch, 20.05.2015, 00:05 Uhr, DR Kultur

Im Westen ist der chinesische Konzeptkünstler Ai Weiwei ein Megastar, in China wird er rund um die Uhr überwacht. Die chinesische Regierung wirft dem Künstler, Blogger, Architekten und Filmemacher Steuerhinterziehung und Pornografie vor. Bei seiner Verhaftung 2011 wird Ai Weiwei ein Sack mit der Aufschrift “Verdächtiger #1.7” über den Kopf gestülpt.

Der Westen bewundert seinen Kampf für Gedankenfreiheit und Demokratie. Für seine offene Kritik am Regime droht ihm erneut die Verhaftung.

Im Rahmen der Biennale in Venedig 2013 und in seiner bisher größten Werkschau im Martin-Gropius-Bau 2014 in Berlin zeigte Ai Weiwei eine Nachbildung der Gefängniszelle, in der er seine 81-tägige Haft absaß.

Der Autor hat Ai Weiwei in seiner überwachten Wohnung in Peking besucht.

Abzocke im Schatten der Freizügigkeit
Über mafiöse Geschäfte mit Leiharbeitern in der EU

Von Dominik Bretsch

Mittwoch, 20.5.2015, 22.03 Uhr, SWR2

Briefkastenfirmen in Slowenien haben sich darauf spezialisiert, Arbeiter aus Ländern wie Serbien, Bosnien oder Mazedonien nach Deutschland und in andere europäische Länder zu entsenden. Monatelang schuften sie dort auf Baustellen, ohne Geld zu bekommen. Schließlich müssen sie pleite in ihre Heimatländer zurückkehren. Die Hintermänner der Briefkastenfirmen dagegen kassieren von den deutschen Auftraggebern ab, melden Konkurs an und verschwinden von der Bildfläche. Kurz darauf gründen sie eine neue Firma und das Spiel beginnt von vorne. Möglich machen es Schlupflöcher in den EU Regelungen zur Freizügigkeit und die wirtschaftsliberale Haltung der slowenischen Regierung. Ein mafiöses System mit hohen Gewinnmargen und geringem Risiko. Tausende solcher betrügerischen Firmen existieren in Slowenien bereits. Die deutschen Auftraggeber interessiert das nicht, sie profitieren von den Dumpingangeboten. Ebenso der slowenische Staat, denn die vielen Schattenfirmen lassen die Wirtschaftsleistung des Landes gut aussehen.

Best of Mao, Hitler, Stalin
Diktatoren als empfindsame Künstler

Von Markus Metz und Georg Seeßlen

Freitag, 22.05.2015, 20:10 Uhr, DLF

Saddam Hussein schrieb Liebesromane, Muammar al-Gadafi verfasste Gedichte. Ob Hitler, Mao, Mussolini, Stalin oder Karadžić- diese Männer zählen nicht nur zu den größten Verbrechern der Menschheitsgeschichte, sie alle verstanden sich zugleich auch als Autoren.

Das Feature will indes nicht nur staunen über diese eigentümliche Mischung aus Kitsch, Naivität und Niedertracht; es ist mehr als eine Revue ihrer gruselig-komischen Werke. Vielmehr versucht es eine Beziehung herzustellen zwischen Schreiben und Tat, zwischen der Selbsterfindung durch anmaßende Kunst auf der einen und der mitleidlosen Gewalt ihrer Taten auf der anderen Seite. Für viele Tyrannen scheint die Poesie ein unverzichtbares Mittel der Selbstvergewisserung: Sie schreiben sich gewissermaßen eine Seele zu, um dann nur umso seelenloser zu handeln.

Die andere Stimme Amerikas
Das unabhängige Radionetzwerk “Pacifica”

Von Martina Groß

Samstag, 23.05.2015, 13:05 Uhr, BR2

“Hier ist KPFA. Dies ist unser erster Tag auf Sendung”: am 15. April 1949 ging in Berkeley das erste Hörer-finanzierte Programm der später landesweiten Rundfunk-Kette “Pacifica” auf Sendung. Ohne Werbung, dem friedlichen Dialog und der Meinungsfreiheit verpflichtet. Gestaltet von Sozialvisionären, Intellektuellen, Idealisten und Querdenkern. Heute sind es fünf Sender, die in über 65 Jahren immer wieder die Grenzen des Mediums Radio durchbrochen haben. Oft waren sie die ersten, die die amerikanischen Hörer über nationale und internationale politische Vorgänge informierten – und wichtige Reformen anmahnten. Pacificas Mikrophone sind bis heute die Megaphone für die Stimme des “anderen Amerika”. Inzwischen eine der letzten Bastionen amerikanischer Medienvielfalt, die immer wieder um ihr Überleben kämpfen müssen. Pacifica-Flaggschiffe wie Amy Goodman und ihre Sendung “Democracy Now!”, die im ganzen Land gehört wird ist eine der wichtigsten alternativen Stimmen im Land.
Martina Groß schreibt Radiofeatures über Politik, Kultur und Gesellschaft, häufig in den USA, manchmal vor der eigenen Haustür – in Berlin. Ihre Sendung über die KPFA Grande Dame des politischen Radios, Elsa Knight Thompson “Noch zehn Sekunden” hat 2010 den Juliane-Bartels-Medienpreis erhalten. In ihrer letzten Sendung “Wir sind wie Götter und wir könnten genauso gut werden wie sie”. (SWR/DLF 2014) erforschte sie die Geschichte der Hippies und des Cyberspace.

Abschied vom Dalai Lama
Die Zukunft des tibetische Kampfes für Unabhängigkeit

Von Peter Meier-Hüsing

Samstag, 25.05.2015, 18.05 Uhr, DR Kultur

Vor zwei Jahren hat sich der Dalai Lama von seinen politischen Funktionen verabschiedet und konzentriert sich seither auf seine Rolle als religiöses Oberhaupt der tibetischen Buddhisten. Die erste Generation Tibeter, die nach 1951 im Exil geboren und aufgewachsen ist, kennt das unabhängige Tibet nur aus Filmen, Büchern und Erzählungen.

Jetzt hat sie führende Positionen in der Exil-Community übernommen. Doch der kulturelle Graben zwischen den Exil-Tibetern und denen, die unter chinesischer Herrschaft leben müssen, wächst. Die kompromisslose Haltung der chinesischen Führung in der Tibet-Frage führt zu Verzweiflung und Radikalisierung. Vielen erscheint der gewaltlose Weg des Dalai Lama überholt. Aber was ist die Alternative?

„Vom Negev über Galiläa nach Jerusalem“
Eine Pilgerreise durch das Heilige Land

Ein Feature von Rainer Schildberger

Sonntag, 24. Mai 2015, 18:05 Uhr, hr2-kultur

Es ist das Pilgerziel schlechthin. Von dieser Landschaft geht seit Jahrhunderten ein Sog aus, der die Menschen zu den biblischen Stätten ins Heilige Land zieht.

Das ist ein Stück über Menschen, die befristet aus ihrem Alltag aussteigen, um sich auf die Spuren uralter Heilsversprechen zu begeben; in die überlieferte Welt der Zeichen, Wunder und Gleichnisse. Am See Genezareth, auf den Feldern und Hügeln der Bergpredigt, vor der Klagemauer, im Garten Gethsemane. Sie bringen Geschichten und Bilder mit, die sie seit der Kindheit aus der Bibel kennen. Endlich einmal dort stehen, wo sich alles abgespielt hat oder haben soll; die Magie der Orte erspüren, Gott erfahren.

Doch gibt es das alles überhaupt (noch) oder ist das nur ein frommer Wahn? Was hat diese Reise mit dem Leben in unserer Gegenwart zu tun? Eine Gratwanderung ist es allemal, lukrativ organisiert und genau überwacht von den christlichen Kirchen. Hier eine Art religiöses Disneyland, dort die reale Situation der Menschen im mühsam befriedeten Land. Mittendrin die Pilger mit dem eigenem, widersprüchlichem Erleben.

 

Radiotipps für die Woche vom 11. bis 17. Mai 2015

“Bakschischrepublik”
Nachklänge eines Wende-Songs der Band Herbst in Peking

Von Jürgen Balitzki

Dienstag, 12.05.2015, 19:15 Uhr, DLF

Sommer 89, die alternative Band Herbst in Peking nimmt Musik für ein Hörspiel des DDR-Rundfunks auf. Als der Abspann produziert wird, trifft sie ein Auftrittsverbot. Sänger Rex Joswig hatte bei einem Konzert in Brandenburg die Staatsmacht provoziert, indem er das Publikum zu einer Gedenkminute für die Opfer des Massakers vom Platz des Himmlischen Friedens in Peking aufrief.

Im Studio herrscht Ratlosigkeit. Was tun? Ein bauernschlauer Trick rettet die Produktion, die Band klaut das Tape mit dem Soundtrack und lässt es nach Westberlin schmuggeln. “Bakschischrepublik” wird im Frühjahr 1990 ein deutschlandweiter Hit. Neben dieser erstaunlichen Geschichte von der Geburt eines Rocksongs in stürmischen Zeiten erzählt das Feature, was die alten Kempen des DDR-Undergrounds in ihren enger gewordenen Reservaten heute treiben, zum Beispiel Prenzlauer-Berg-Dichter Bert Papenfuß in seiner Kulturspelunke Rumbalotte, wo Rex Joswig kellnert und surreale DJ-Shows zelebriert.

In China reisen und zurückkommen
Wo sind wir bitte wann?

Von Gesine Danckwart und Fabian Kühlein

Mittwoch, 13.05.2015, 00:05 Uhr, DR Kultur

Das allererste Mal in China, aus Europa kommend. Die schnelle Gewöhnung an die allerfremdesten, allergrößten Geschichtengroßlandschaften. Eine chinesische Ingenieurin, die eine deutsche Bäckerei in Anting eröffnet. Ein Bürgermeister in Oranienburg, dessen Traum eine Art Chinatown vor Ort ist.

Die Texte Gesine Danckwarts entstanden während längerer Reisen in den Jahren 2006 bis 2008 nach China – und zurück. Im Mittelpunkt standen Peking, Shanghai und insbesondere Suzhou, eine alte und turbo-neue Stadt.

Mitleidsökonomie
Was steckt hinter der Tafelbewegung?

Von Christine Werner

Mittwoch, 13.05.2015, 22.30 Uhr, SWR2 Feature

Es gibt Lebensmittel im Überfluss in Deutschland und Menschen, die kein Geld haben, sie zu bezahlen. Die Tafeln wollen für einen Ausgleich sorgen. Derzeit gibt es mehr als 900 von ihnen und sie versorgen bundesweit über 1,5 Millionen Arbeitslose, Geringverdiener, Alleinerziehende und Rentner mit Nahrungsmitteln. Aus einer kleinen Initiative, die Obdachlosen helfen wollte, ist eine der größten sozialen Bewegungen der heutigen Zeit geworden. Inzwischen hat sie auch die Lebensmittelindustrie als neues Geschäftsfeld entdeckt. Für die Konzerne ist es oft günstiger, nicht oder schwer verkäufliche Waren abzugeben, als sie zu entsorgen. Kritiker monieren, dass sozial Schwache so zu “Müllverwertern” degradiert würden. Entsteht so ein zweiter Warenweg, eine “Mitleidsökonomie”, die dafür sorgt, dass sich die gesellschaftlichen Verhältnisse nicht ändern müssen?

Auf dem Schlachtfeld der Worte

Von Christian Buckard

Freitag, 15.05.2015, 20:10 Uhr, DLF

In der letzten Maiwoche des Jahres 1940 befand sich Churchills Großbritannien in einer hoffnungslosen Lage: Fast die gesamte Armee saß im Hafen von Dünkirchen in der Falle und drohte in deutsche Gefangenschaft zu geraten.

Die Geheimprotokolle des Kriegskabinetts belegen, dass der britische Außenminister Lord Halifax, heftig unterstützt von den Konservativen, damals für einen Frieden mit Nazi-Deutschland plädierte. Es schien die einzige Möglichkeit, der drohenden Invasion durch die Deutschen zu entgehen.

Nur Churchill und die Sozialisten widersetzten sich dieser vermeintlich vernünftigen Lösung. Basierend auf den Protokollen des Kriegskabinetts und mit Unterstützung Sir Max Hastings und anderer britischer Historiker rekonstruiert das Feature jene entscheidenden Tage im Mai als eine Art Doku-Drama. Gleichzeitig entsteht in Interviews mit Churchills letzter Sekretärin sowie seiner Enkelin Celia Sandys ein intimes Porträt des britischen Kriegspremiers, der während jener Maitage seine wichtigste Schlacht schlug.

Gottlos in Texas
Eine Innenansicht des amerikanischen Atheismus

Von Ralf Büchele

Samstag, 16.05.2015, 13:05 Uhr, Bayern2

Wiederholung am Sonntag, 21.05 Uhr

Atheismus ist in. Mit jedem Anschlag von Fundamentalisten, mit jeder Kriegserklärung im Namen der Religion, mit jedem Missbrauchsskandal in der Kirche fühlen sich die Atheisten bestätigt: Ohne Religion wäre die Welt besser dran – und Gott gibt es sowieso nicht. Noch nie war es so leicht, sich offen zum Unglauben zu bekennen. In Austin hat Atheismus Tradition: Schon in den 60er Jahren wurden in der texanischen Hauptstadt die “American Atheists” gegründet. Seitdem ist die liberale Stadt mitten im konservativen “Bible Belt” ein Leuchtturm des Unglaubens. Großen Anteil an dieser Strahlkraft hat “The Atheist Experience”. Jeden Sonntag läuft die Diskussionssendung auf dem offenen Fernseh-Kanal von Austin. Das Prinzip: Zwei Moderatoren diskutieren mit Anrufern über Gott und die Welt. Auch nach 17 Jahren ist die Show noch immer die einzige ihrer Art in den USA. Weil in Amerika alles irgendwie mit Religion zu tun hat, wird in der Sendung kein großes Thema ausgespart: Es geht um Evolution, Bildung, Wissenschaft, Moral, Politik, Klimawandel, Abtreibung – und natürlich immer wieder um die Existenz Gottes. Viele Anrufer sind Christen, die ihren Glauben verteidigen. Sie scheitern fast ausnahmslos und werden ungnädig abserviert. Moderator Matt Dillahunty und seine Mitstreiter haben schon so ziemlich jedes Argument gehört. Seit einigen Jahren rufen immer mehr Atheisten an – die Bewegung wächst stetig. Doch vor allem für die ländlichen Regionen der Vereinigten Staaten gilt noch immer: Menschen, die sich als Ungläubige outen, bekommen Probleme – schließlich weiß jeder, dass sie einst in der Hölle schmoren werden. Also setzen Eltern, Freunde und Kirchen alles daran, die Abtrünnigen vor diesem Schicksal zu bewahren. Wer aber nicht mehr zum Glauben zurückfindet, verliert oft sein soziales Netzwerk. Wenn Ratsuchende bei “The Atheist Experience” anrufen, werden aus den streitbaren Atheisten mitfühlende Zuhörer; viele von ihnen haben das selbst erlebt.
“Gottlos in Texas” lässt die Protagonisten von “The Atheist Experience” ebenso zu Wort kommen wie Gläubige. Wir blicken durchs Brennglas auf einen Konflikt, der uns noch lange beschäftigen wird: den zwischen Fundamentalisten und Aufklärern. Und dabei sind die Rollen keineswegs eindeutig verteilt.

Tod in der Polizeizelle – Oury Jalloh
Die widersprüchlichen Wahrheiten eines Todesfalls

Von Margot Overath

Samstag, 16.05.2015 um 18:05 Uhr, DR Kultur

  1. Januar 2005, Dessau, Sachsen-Anhalt. In einer Polizeizelle verbrennt ein an Händen und Füßen gefesselter Mensch bei lebendigem Leib. Selbst verschuldet, sagen die einen. Ermordet, sagen die anderen.

Auch der zweite Prozess vor dem Landgericht Magdeburg bringt keine endgültige Aufklärung der Brandursache. Das Urteil zu einer Geldstrafe wegen Fahrlässiger Tötung wurde am 4. September 2014 rechtskräftig, damit könnte der Fall abgeschlossen sein – doch schon seit Dezember 2013 liegen neue Hinweise vor, dass Oury Jalloh das Feuer nicht selbst hat legen können. Die Staatsanwaltschaft Dessau nimmt Ermittlungen wegen Mordes auf.

Saat des Sieges
Wie Gärtner (mal wieder) die Welt retten wollen

Von Michael Lissek

Sonntag, 17.05.2015, 14.05 Uhr, SWR2 Feature am Sonntag

“Urban Gardening”, “Guerilla Gardening”, “Community Gardening”: Die Begriffe klingen cool. Das sollen sie. Gärtnern in der Stadt ist heute kein spießiges Schrebertum mehr, sondern sozial und ökologisch bewusstes Handeln: schlau, selbstbewusst und unabhängig – und ein Zukunftskonzept, wenn unsere gegenwärtige Form der Lebensmittelproduktion nicht mehr funktioniert. Üben städtische Tomatenpflanzer für den Versorgungsernstfall? Und könnten sie in diesem Fall die Welt retten? Michael Lissek beobachtet die aufgehende Saat. Und erinnert an die Früchte vergangener gärtnerischer Utopien und Erweckungsfantasien.

Eine deutsche Chirurgin im Nothilfeeinsatz im Süd-Sudan

Von Jörn Klare

Sonntag, 17. Mai 2015, 18:05 Uhr, hr2-Kultur

Es ist Carla Böhmes zwölfter Einsatz für eine Hilfsorganisation im Ausland. Meistens geht es für die Chirurgin aus Leonberg, die sonst in einer deutschen Klinik arbeitet, nach Afrika.

Diesmal reist sie im Auftrag von Ärzte ohne Grenzen. Allein die deutsche Sektion der 1999 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichneten internationalen Organisation schickt jährlich an die 300 Mitarbeiter in eines der zurzeit gut 60 Einsatzländer. Böhmes Ziel ist diesmal eine kleine Klinik im Süd-Sudan. Die 63-Jährige weiß nicht genau, was sie erwartet. Sicher ist: Sie sucht nicht die Gefahr, sie will helfen. Sie ist einverstanden, dass der Autor sie in den ersten Tagen ihres Einsatzes begleitet.