Radiotipps für die Woche vom 2. bis 7. März 2015

Das Plenum von Tuzla
Ein bosnischer Frühling

Von Zoran Solomun

Dienstag, 03.03.2015, 19.15 Uhr, DLF

Im Februar 2014 gingen in Bosnien und Herzegowina Arbeiter, Rentner und Arbeitslose auf die Straße, um gegen Armut und Korruption zu protestieren. Der bosnische Frühling begann in der ostbosnischen Stadt Tuzla und griff schnell auf das ganze Land über. Tagelang demonstrierten Tausende verbitterter Menschen.

Regierungsgebäude wurden in Brand gesetzt, mehrere Hundert Demonstranten und Polizisten verletzt. Von den politischen Führern der Serben wurden die Proteste als eine muslimische Verschwörung hingestellt, von den muslimischen Politikern als ein Komplott der Serben und von den kroatischen als eine koordinierte serbisch-muslimische Aktion zur Vernichtung des kroatischen Volkes. Doch diesmal funktionierte das bewährte Rezept nicht.

In Tuzla und in anderen Städten bildeten sich Plenen – öffentliche Versammlungen, an denen sich Hunderte Bürgerinnen und Bürger beteiligen und nach Lösungen für die dramatischen Probleme suchen. Basisdemokratie findet dort statt, wo es niemand vermutet hätte: an der längst vergessenen Peripherie Europas. Aus dem Plenum in Tuzla ist inzwischen die unabhängige Gewerkschaft Solidarnost entstanden, und als die unfähigen und desinteressierten Politiker während des Hochwassers im Sommer 2014 die Hände untätig in den Schoß legten, organisierten und koordinierten die Plenen Hilfe. Zum ersten Mal seit dem Krieg in Bosnien kamen Serben Muslimen zu Hilfe und umgekehrt.

Alleinsein

Von Reinhard Schneider

Mittwoch, 04.03.2015, 00:05 Uhr, DR Kultur

Der Blick aus ihrem Wohnzimmerfenster ist ein Traum: Die Elbe und ein weiter Himmel. Es hilft nichts. Johanna aus Hamburg, verheiratet mit einem beruflich erfolgreichen Mann, fühlt sich in ihrer Rolle als Hausfrau und Mutter zweier Kinder oft allein.

Peter aus Berlin quält eine andere Art des Alleinseins. Nach seiner Ehescheidung vor 13 Jahren lebt er unfreiwillig ohne Partnerin. Der Krankenschwester Bärbel wird ihr Singledasein besonders dann bewusst, wenn sie Orte meidet, an denen Paare fröhlich zusammensitzen. Florian ist Erzieher und spielt gegen das Alleinsein Kontrabass in verschiedenen Bands. In Alltagssituationen und Erzählungen werden Geschichten des Alleinseins entfaltet: Sehnsüchte, Momente der Beklommenheit.

Venezuela: Auf dem Weg zur Diktatur
Eindrücke aus einem gebeutelten Land

Von Peter B. Schumann

Mittwoch, 04.03.2015, 22.03 Uhr, SWR2

15 Jahre nach dem Amtsantritt von Hugo Chávez, zwei Jahre nach seinem Tod befindet sich Venezuela in einer tiefen Krise. Im ölreichsten Land Lateinamerikas herrscht heute ein Mangel an Benzin und Elektrizität, an Grundnahrungsmitteln und Medikamenten. Die Inflation beträgt rund 70 Prozent. Was ist aus der einstigen “bolivarischen Revolution” geworden, die einen “Sozialismus des 21. Jahrhunderts” verfocht? Ist der Niedergang des Landes, gegen den seine Bürger seit Monaten protestieren, nur der Politik des Nachfolgers von Chávez, Nicolás Maduro zuzuschreiben? Der jedenfalls versucht zunehmend, die Führungsspitze der Opposition zu kriminalisieren und greift in die Etats autonomer staatlicher Universitäten und in die Haushalte oppositioneller Stadtverwaltungen ein.

Das Kultur-Business
Blicke hinter den Heiligenschein

Von Tina Klopp und Rainer Link

Freitag, 06.03.2105, 20:10 Uhr, DLF

Kunstwerke, Bücher und andere Artefakte zählen normalerweise zu den Werten, die es um jeden Preis zu fördern und zu verteidigen gilt. Entsprechend verehrt werden Verleger, Mäzene und Kunstsammler, die sich mit viel Idealismus, Verve – und nicht zuletzt mit ihrem eigenen Geld – für die schönen Künste in die Bresche werfen.

Doch ihr Einsatz ist manchmal nicht ganz so uneigennützig, wie es scheint. Oft genug wird das gutwillige Publikum an der Nase herumgeführt, unterscheiden sich die Umtriebe der Kultureliten nur wenig von Mauscheleien und Vetternwirtschaft, wie sie aus der restlichen Unternehmens- und Finanzwelt vertraut sind. Zieht man den Heiligenschein erst einmal zur Seite, lassen sich hier ganz ähnliche Geschichten erzählen, von Eitelkeit und Vorteilsnahme auf der einen, Opportunismus, Karrierismus und Speichelleckertum auf der anderen. Wie immer geht es ums Kapital, sei es nun sozialer oder rein pekuniärer Natur.

Im Grenzbereich
Eine deutsche Chirurgin im Nothilfeeinsatz im Süd-Sudan

Von Jörn Klare

Samstag, 07.03.2105, 13.05 Uhr, BR2
Wiederholung am Sonntag, 21.05 Uhr

Es ist Carla Böhmes zwölfter Einsatz für eine Hilfsorganisation im Ausland. Meistens ging es für die Chirurgin aus Leonberg, die sonst in einer deutschen Klinik arbeitet, nach Afrika, und dabei immer in Regionen, in denen es irgendwelche Kämpfe oder Kriege gab. Viele der Wunden, die sie oftmals unter primitiven Bedingungen behandeln musste, stammten von Kugeln, Speeren oder Pfeilen.

Diesmal reist sie im Auftrag von Ärzte ohne Grenzen. Allein die deutsche Sektion der 1999 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichneten internationalen Organisation schickt jährlich an die 300 Mitarbeiter in eines der zurzeit gut 60 Einsatzländer. Böhmes Ziel ist diesmal eine kleine Klinik im Süd-Sudan. Auch dort wird gekämpft. Viele Opfer fordert auch das Schwarze Fieber, eine Tropenkrankheit. Die 63-Jährige weiß nicht genau, was sie erwartet. Sicher ist: Sie sucht nicht die Gefahr, sie will helfen. Sie ist einverstanden, dass der Autor sie in den ersten Tagen ihres Einsatzes begleitet.

Democracy? No signal

Von Christian Lösch

Samstag, 07.03.2015, 18:05 Uhr, DR Kultur

Im Sommer 2013 schloss die griechische Regierung über Nacht den öffentlichen Rundfunk ERT. “No Signal” stand auf den Fernsehbildschirmen – die Radiosender verschwanden aus dem Äther.

Die Mitarbeiter aber führten selbstverwaltet und unbezahlt das Programm ERT OPEN fort, auch nach der Räumung des Rundfunkhauptgebäudes in Athen durch Sondereinheiten der Polizei.

Christian Lösch sprach mit griechischen Künstlern und Journalisten und beschreibt ein gespaltenes Land, in dem die Regierung und ihre Anhänger neoliberale Maßnahmen als Erfolgsgeschichte propagieren und sich Bürger und Kulturschaffende in einem Zustand permanenten Widerstands befinden.

Artisten (1/3)
Carmen Zander – Unter Kontrolle

Von Judith Fehrenbacher

Sonntag, 08.03.2015, 14:05 Uhr, SWR2

Sie ist die Tigerqueen, die Tigerflüsterin, die Tigerküsserin. Carmen Zander, freiberufliche Raubtierdompteurin. Fünf Königstiger lässt sie durch Reifen springen, Männchen machen, in der Badewanne plantschen oder einfach mit sich schmusen. Ihr Unternehmen ist ein Ein-Frau-Betrieb. Sie füttert und pflegt ihre Tiere selbst und fährt auch alleine den 30-Tonnen-Truck zu ihren Auftritten. Wie sie das schafft? “Gezielt wegstecken, auf die Zähne beißen, mit dem Schmerz leben.” Carmen Zander hat sich unter Kontrolle. Das hat sie gelernt. Schon als Jungtalent im Sportgymnastik-Kader der DDR. Selbstdressur einer Dresseurin.

(Teil 2, Sonntag, 15. März, 14.05 Uhr)

„United Nothing“
Niederländische Blauhelmsoldaten 20 Jahre nach der Rückkehr aus Srebrenica

Von Rainer Schwochow

Sonntag, 08.03.2015, 18:05 Uhr, hr2

Ein Abgeordnetenbüro in Den Haag: Anne, 45. Ein Einfamilienhaus in einem idyllischen Vorort von Amsterdam: Hans, Ende 50. Ein Büro im Lager Westerbork, jenem Ort, von dem Anne Frank auf die Todesreise in die deutschen Vernichtungslager geschickt wurde: Ebel, 65. Vor 20 Jahren waren die drei als Blauhelmsoldaten in Srebrenica.

Dort wurden am 11. Juli 2014 175 Tote mit einer großen Zeremonie bestattet. Ermordet bei dem Massaker an moslemischen Bosniern im Juli 1995. Wenige Tage später, Mitte Juli 2014, stellte ein Gericht in Den Haag die Mitschuld der Niederlande am Tod von 300 bosnischen Männern fest. Aber wen belastet das Gericht mit seinem Schuldspruch? Die Regierung? Die Armeeführung? Die beteiligten Blauhelmsoldaten? Auch ohne dieses Urteil werden die drei Männer die Frage nach ihrer Verantwortung nicht mehr los. Wie haben sie die letzten Tage von Srebrenica erlebt und wie kommen sie heute damit zurecht?

 

Radiotipps für die Woche vom 15. bis 22. Februar 2015

Fair-Giftet
Fairtrade-Tee aus Indien

Von Philipp Jusim

Dienstag, 17.92.2015, 22.03 Uhr, SWR2

Fair oder nicht fair? Allein in Deutschland gibt es 12 “Fair”-Siegel mit sehr unterschiedlichen Ansprüchen. Da kann die Entscheidung am Supermarktregal zum Problem werden: “Fairtrade”, “Fairglobe”, “One World”, “Rainforest Alliance” – in ihrer Werbung geloben sie gerechten Handel, Nachhaltigkeit und ökologische Produktion. Die Wirklichkeit sieht oft anders aus. Der Begriff “Fairtrade” ist nicht rechtlich geschützt, die Standards sind oft diffus formuliert. Der Einsatz gefährlicher Pestizide kann nicht nur Arbeiter in armen Ländern, ihre Familien und ganze Landschaften bedrohen, sondern auch ganz legal in “fairem” Tee enthalten sein. Ist das fair? Können die Verbraucher “Fairtrade”-Tee z.B. aus Indien vertrauen?

„That“s why I still sing the blues“
Alte Worksongs und neue Arbeitskämpfe in den Südstaaten

Von Sebastian Meissner

Dienstag, 17.02.2015, 19.05 Uhr, DLF

In den Südstaaten der USA gehen seit Langem Arbeit und Musik ein besonderes Bündnis ein. Afrikanische Musiktraditionen wurden zu Zeiten der Sklaverei brutal unerdrückt. Die Klagerufe (Hollers) der Schwrzen bei der harten Feldarbeit legten den Grundstein für Gospel, Blurs und Jazz.

Noch nach dem Ende der Sklaverei konnten schwarze Häftlinge weiterverpachtet werden. Alan Lomax hat das musikalische Zusammenspiel von Werkzeug und Stimmen eindrucksvoll dokumentiert. Jenseits von Touristenorten wie Memphis und New Orleans versuchen Enthusiasten heute die Geschichte des Blues im Bundesstaat Mississippi, dem Geburtsort des Blues, möglichst authentisch ans Publikum zu bringen.

50 Jahre nach der Bürgerrechtsbewegung erregen Aktionen für die Arbeiterrechte in den Südsaaten wieder Aufmerksamkeit. Und auch bei der Konferenz der Genossenschaftsbewegung Jackson Rising werden Freiheitslieder angestimmt.

„Für solche Patrioten sind wir die Pest“
Junge Kiewer Kreative und der Kampf um die Ukraine

Von Julia Solovieva

Freitag, 20.02.2015, 20:10 Uhr, DLF

Die Eventmanagerin Marina hat mitten in Kiew ein Hilfswerk für die Flüchtlinge aus dem Osten der Ukraine aufgebaut. Die Drehbuchautorin Miriam sammelt Medikamente, Lebensmittel und warme Kleidung für die Armee. Der Manager, Blogger und freiwillige Soldat Ewgen kandidiert für das ukrainische Parlament.

All die jungen Leute und Majdan-Aktivisten – zwischen Krieg und Frieden zerrissen – setzen sich für ihre Zukunft in einer neuen Ukraine ein. Sie fühlen sich ihrem Land stark verbunden, grenzen sich aber von den “Bilderbuchpatrioten mit dickem Bauch, Schmalz in der Stimme und der ukrainischen Hymne auf dem Mobiltelefon” ab. “Für solche Patrioten”, sagt die Designerin Marianne, “sind wir wie die Pest”.

Espress Beirut
Die Schriftstellerin und Malerin Etel Adnan

Von Jean-Claude Kuner

Samstag, 21.02.2015, 18.05 Uhr, DR Kultur

Etel Adnan, geboren vor 90 Jahren in Beirut, ist Kosmopolitin, eine intellektuelle Nomadin zwischen den Welten, die sich in Amerika, im Libanon und in Paris zu Hause fühlt. Den größten Teil ihres Lebens hat sie gemalt und geschrieben, besessen davon, ihre Gedanken und Gefühle in Worte und Bilder zu fassen.

Die “documenta” im Jahr 2012 präsentierte ihre Malerei. Ihre Theaterstücke wurden seither auf zahlreichen europäischen Bühnen inszeniert, ihre literarischen Werke mehrfach ausgezeichnet. Heute kann sie nicht mehr so viel reisen, aber ihr Geist durchwandert noch immer die vielen unterschiedlichen Welten, in denen sie heimisch ist.

Dandy im Weltdorf
90 Jahre “The New Yorker”

Von Walter Bohnacker

Sonntag, 22.02.2015, 14.05 Uhr, SWR2

Woody Allen, Hannah Arendt, Truman Capote, J. D. Salinger, Susan Sontag, John Updike – die Liste der Berühmtheiten, die für den “New Yorker” schrieben, ist beeindruckend. Berühmt sind auch die kritischen Reportagen und Kommentare, die Cover und Cartoons. Am berühmtesten aber ist die Perspektive des “New Yorker”: von der Neunten Avenue Richtung Westen über den Hudson River, hinter dem schon New Jersey nur noch ein schmaler brauner Streifen ist, der Rest der USA ein grünes Rechteck zwischen Mexiko und Kanada und hinterm Pazifik China, Japan und Russland in fernster Ferne liegen. Die berühmte Karikatur von Saul Steinberg zeigt den offensiven Manhattan-Zentrismus, mit dem das Magazin in die Welt hinein und auf die Welt hinabblickt – und doch die Welt sehr oft sehr richtig sieht.

 

Radiotipps für die Woche vom 2. bis 7. Februar 2015

Strich um Strich wie Wunden

Von Heinz Klunker

Dienstag, 3.2.2015, 19.15 Uhr, DLF

“Das herausdämmernde Licht des 14. Februar 1945 erhellt nur noch eine glühende, qualmende Brandstätte an der Elbe, da wo am Vortag Dresden gewesen war. Ausgebombt, hungernd, mit meiner Frau nur in provisorischen Bleiben hausend, geringgeschätzt in meiner Not, fand mein Vorhaben keinerlei Verständnis und wurde bestenfalls belächelt.”

“Das Wort Dokument ließ man einigermaßen gelten für meine Arbeit, so dass ich weiterarbeiten konnte. Instinktiv flohen und mieden die Menschen die tote Stadt. Gesindel machte sie unsicher. Mich aber zwang es, hineinzugehen und die toten Wohnstraßen aufzusuchen und sie zu zeichnen, die Unabsehbarkeit der zerstörten Flächen festzuhalten. So reihte sich Blatt an Blatt zu einem Werk, das im Frühjahr 1946 seinen Abschluss fand. 150 Rohrfederzeichnungen davon sind in einer Mappe vereinigt unter der Bezeichnung ‘Das zerstörte Dresden'”.

Ich will ein Geständnis“
Medikamentenversuche an Kindern in der Schweiz

Von Charly Kowalczyk

Mittwoch, 4.2.2015, 22.05 Uhr, SWR2

In Vormundschaftsakten der psychiatrischen Klinik Münsterlingen im Kanton Thurgau finden sich Patienten-Protokolle, aus denen hervorgeht, dass in den 60er- und 70er-Jahren an Kindern Psychopharmaka getestet wurden. Die Kinder hatten in Heimen, etwa des katholischen Klosters Fischingen gelebt oder in Pflegefamilien. Die Pillen stammten vom Basler Konzern Ciba-Geigy, heute Novartis. Die Betroffenen leiden bis heute an den Folgen der Versuche: an extremem Bluthochdruck, Panikattacken, ständigen Kopfschmerzen. Wie war es möglich, dass an diesen Kindern experimentiert werden konnte? Und wer trägt Sorge für die Folgen? Welche ethischen Standards haben Pharmakonzerne heute, wenn sie in Indien, Rumänien oder Argentinien Arzneimittel testen?

Schreiben im Zeichen der Gewalt
Kolumbianische Literatur zwischen Kritik und Klischee

Freitag, 6.2.2015, 20.10 Uhr, DLF

Gewalt ist das zentrale Thema der kolumbianischen Literatur. Denn das Leben in dem latein-amerikanischen Land ist immer noch geprägt von Mord, Willkür und Verfolgung. Verschiedene Schriftsteller aus Kolumbien schreiben über ihre Eindrücke des Lebens.

Der große Name von Gabriel García Márquez mag mitunter den Blick dafür verstellt haben, dass die jüngere Generation längst ihre ganz eigenen Wege gefunden hat, die Erfahrung von Gewalt in Literatur zu verwandeln.

Da ist zum Beispiel Héctor Abad, dessen Vater von den Paramilitärs ermordet wurde. Seine Erfahrungen hat er in “Brief an einen Schatten” verarbeitet. Oder die Autorin Laura Restrepo. Sie schloss sich Anfang der 70er-Jahre den FARC an, bevor die Guerilla-Bewegung zur Terrororganisation verkam.

Juan Gabriel Vásquez und Evelio Rosero wiederum richten ihren Blick auf die Frage, wie Gewalt Familien und dörfliche Gemeinschaften zerstört hat. Und während sich Antonio Ungar an einem satirischen Umgang mit der Gewalt versucht, setzt Jorge Franco gar auf das Thriller-Genre.

Eine deutsche Chirurgin im Nothilfeeinsatz im Süd-Sudan

Von Jörn Klare

Samstag, 7.2.2015, 14.05 Uhr, BR2, Wiederholung am Sonntag, 21.05 Uhr

Es ist Carla Böhmes zwölfter Einsatz für eine Hilfsorganisation im Ausland. Meistens ging es für die Chirurgin aus Leonberg, die sonst in einer deutschen Klinik arbeitet, nach Afrika, und dabei immer in Regionen, in denen es irgendwelche Kämpfe oder Kriege gab. Viele der Wunden, die sie oftmals unter primitiven Bedingungen behandeln musste, stammten von Kugeln, Speeren oder Pfeilen.
Diesmal reist sie im Auftrag von Ärzte ohne Grenzen. Allein die deutsche Sektion der 1999 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichneten internationalen Organisation schickt jährlich an die 300Mitarbeiter in eines der zurzeit gut 60 Einsatzländer. Böhmes Ziel ist diesmal eine kleine Klinik im Süd-Sudan. Auch dort wird gekämpft. Viele Opfer fordert auch das Schwarze Fieber, eine Tropenkrankheit. Die 63-Jährige weiß nicht genau, was sie erwartet. Sicher ist: Sie sucht nicht die Gefahr, sie will helfen. Sie ist einverstanden, dass der Autor sie in den ersten Tagen ihres Einsatzes begleitet.

Zwischen Front und Exil
Syrische Flüchtlinge und der Krieg

Von Dominik Bretsch

Samstag, 7.2.2015, 18.05 Uhr, DR Kultur

Jaffer ist Ende 20, smart, gut ausgebildet. Woanders könnte er voll durchstarten. Doch Jaffer ist syrischer Flüchtling in der Türkei. Immer wieder fährt er zur Grenze, um durch die Berichte von Flüchtenden und Verwandten hinüber zu horchen in den Krieg.

Er fragt sich: Sind die von den Rebellen kontrollierten Gebiete sicher genug, damit er mit seiner Familie zurückkehren kann? Die islamistischen Gruppen gewinnen immer mehr an Einfluss und die demokratisch gesinnten Rebellen werden zwischen den Fronten zerrieben. Müsste er nicht kämpfen, wie seine Cousins bei der Freien Syrischen Armee?

Der Kommissar aus Köpenick
Otto Busdorf – eine Polizistenkarriere vom Kaiserreich bis zur DDR

Von Peter Hillebrand

Sonntag, 8.2.2015, 14.05 Uhr, SWR2

Kaiser Wilhelm II. belobigte ihn, weil er einen Mörder per Schnelldampfer bis nach New York verfolgt und gefasst hatte. In der Weimarer Republik galt er deutschlandweit als Experte für Wilderer-Morde an Forstbeamten. In Magdeburg verhinderte er eine antisemitisch motivierte falsche Mordanklage gegen einen jüdischen Fabrikanten und lieferte dem Gericht den richtigen Täter. Was ihn nicht daran hinderte, 1931 Mitglied der NSDAP und der SA zu werden.
Doch die kriminellen Methoden der Nazis konnte der Kriminalist nicht hinnehmen. So wurde er als Querulant aus dem Polizeidienst entlassen und als Sachbearbeiter in einem Verband der Viehwirtschaft kaltgestellt – um 1945 in der sowjetischen Besatzungszone als Volkspolizist wieder eingestellt zu werden. Bis 1948 herauskam, dass da doch ein dunkler Fleck auf seiner scheinbar weißen Westen war. Ein Blutfleck. 1950 kam er ins Zuchthaus, wo er 1957 starb. Otto Busdorf war Polizist in vier deutschen Staaten – und am Ende ein Krimineller.

Otto von Bismarck
Eine Biographie Teil 2

Von Frank Eckhardt

Sonntag, 8.2.2015, 18:05 Uhr, hr2

Otto von Bismarck zählt zu den bedeutendsten Staatsmännern des 19. Jahrhunderts, ist dabei aber umstritten wie kaum ein anderer Politiker.

Er stieg ohne jede Regierungserfahrung zum preußischen Ministerpräsidenten auf und war von 1871 bis 1890 erster Reichskanzler des Deutschen Reiches. Innenpolitisch schuf er die repressiven Sozialistengesetze, führte aber gleichzeitig ein umfassendes Sozialversicherungssystem ein. Autor Frank Eckhardt schuf mit vielen Selbstzeugnissen Bismarcks, historischen Dokumenten und Gesprächen mit der englischen Bismarck-Kennerin Dr. Katherine Lerman von der Londoner Metropolitan University und dem deutschen Bismarck-Experten Professor Lothar Gall, der mehrere Werke über Bismarck und seine Zeit geschrieben hat, ein vielschichtiges Porträt des Politikers, der vor 200 Jahren, am 1. April 1815, geboren wurde.