Radiotipps für die Woche vom 25. – 31. August 2014

Hesitationsphänomene
Oder: Die deutsche Äh-Klasse

Von Helmut Berschin

Mittwoch, 27. August 2014, 00.05 Uhr, DR Kultur

“Über allen … äh …Gipfeln ist … ist praktisch Ruh und äh …” – in dieser Form würde das Goethegedicht zu einem Talk passen. Mit vielen Stockungen im Redefluss, linguistisch ausgedrückt: mit “Hesitationsphänomenen”.

Im Alltag überhören wir diese Formulierungsstörungen. Längeres druckreifes Sprechen erfordert Konzentration und Übung – es ist sozusagen eine sprachsportliche Leistung. In öffentlicher Rede ist diese Leistung selten geworden. Die Akteure stehen unter einem kommunikativen Dauerstress, der sprachlich nicht mehr flüssig, sondern nur noch hesitationsreich zu bewältigen ist. Die Sendung zeigt am Beispiel prominenter O-Töne den Unterschied zwischen rhetorischer Ober- und Äh-Klasse.

Große Radiostimmen: Anja Buczkowski
Ein akustisches Porträt

Samstag, 30. August 2014 13:05 Uhr, Bayern 2

Offenes Archiv: Das Feature als Dokument seiner Zeit (5/6)

Im Bayern2-Sommerradio öffnet der Bayerische Rundfunk sein Schallarchiv für herausragende Produktionen im 20. Jahrhundert. Diesen Sommer widmet sich die Reihe “Offenes Archiv – Das Feature als Dokument seiner Zeit” in sechs Ausgaben großen Radiostimmen.

Als in den 80er Jahren zum ersten Mal Autoradios auf den Markt kamen, die digitale Zusatzinforma tionen lieferten, verlangten Autohersteller noch einen Aufpreis für diese außergewöhnliche Technik. RDS – Radio Data System – heißt die Funktion bis heute und sie überträgt u.a. die Senderkennung. Allerdings erschließt sich ein profiliertes Programm auch ohne Blick auf das Daten-Terminal. Da reicht das bloße Hinhören. Sei es die unverwechselbare Musikfarbe oder sei es eine einmalige Grundmelodie der Sprecherinnen und Sprecher, die Orientierung schafft. Und hier kommt Anja Buczkowski ins Spiel. Für nahezu alle kulturorientierten Redaktionen des Bayerischen Rundfunks, Hörfunk wie Fernsehen, arbeitete sie an der Unverwechselbarkeit. Eine warme, streng akzentuierende Stimme, die sich einprägte, mal mit Wehmut überschattet, dann wieder heiter und unbeschwert. Selbst mit 80 Jahren konnte sie noch junge Frauen verkörpern, so stark war ihre Interpretationsmöglichkeit. Anja Buczkowski war eine der großen Stimmen des Bayerischen Rundfunks. So prägnant, dass sich jede digitale Senderkennung oder Stationsdurchsage mühelos erübrigte. Buczkowski begleitete über ein halbes Jahrhundert die bayerischen Hörerinnen und Hörer in den vielfältigsten Sendungen durch den Tag. Nach Ballett- und Schauspielausbildung in Wien und weiteren Stationen in Graz und Linz trat Anja Buczkowski in das Ensemble des Bayerischen Staatsschauspiel ein und entdeckte ihre Freude am Hörfunk. Die früheste Sendung, in der sie mitwirkte und die das Schallarchiv des Bayerischen Rundfunks aufbewahrt, ist das Hörspiel “Julius Cäsar”, produziert 1955. Sie sprach Portia, Gemahlin des Brutus. Es folgten unzählige Texte und Regiearbeiten, auch und gerade für dokumentarische Sendungen, dort wo nicht der große Star zum Vorschein kommt, dafür jedoch die Grundmelodie eines Programms geschaffen wird. [1867]

Bitte achten Sie nicht auf mein Lächeln

Von Irmgard Maenner und Jeannette Witte

Samstag, 30. August 2014, 18.05 Uhr, DR Kultur

Nach einem Schlaganfall findet sich Klara im eigenen Körper eingeschlossen. Bis auf ihr Augenlid ist sie völlig bewegungsunfähig, aber bei klarem Bewusstsein. Über sieben Monate besuchen die Autorinnen die junge Frau, die mit dem Locked-in-Syndrom lebt.

Wo sind die Brücken, über die ein in sich selbst gefangener Mensch den Kontakt zur Welt halten kann? Wie begegnet man jemandem, der weder sprechen noch gestikulieren kann, dem sogar die Mimik fehlt? Im Mittelpunkt des Features steht das Abenteuer der Kommunikation.

Die sieben Leben der Marina Abramovic
oder Der Körper als Kunstwerk

Von Nina Hellenkemper

Sonntag, 31. August 2014, 14.05 Uhr, SWR2

Ikone, Grenzgängerin, Radikale: Die serbische Performancekünstlerin Marina Abramovic fürchtet in ihren spektakulären Kunstaktionen weder Schmerz noch Tod und erzeugt maximale Spannung zwischen sich und dem Publikum. Sie geißelte sich mit Peitschen, Feuer, Eis oder legte Besuchern eine geladene Pistole zur freien Verfügung vor. Als erste lebende Künstlerin holte sie 850.000 Besucher ins Museum of Modern Art. 2014 will sie in Hudson/New York das “Marina Abramovic Institute” eröffnen. Besucher müssen sich vertraglich verpflichten, mindestens sechs Stunden zu bleiben, um dann im weißen Laborkittel – ohne Uhr und Handy – die “Abramovic-Methode” zu erlernen.

Norbert Elias im Gespräch mit Gert Kalow
Die historische Aufnahme

Sonntag, 31. August 2014, 18:05 Uhr, hr2

In dieser Sendung setzen wir unser Sommerprogramm mit ausgewählten Gesprächen der Reihe “Der Dialog” mit einem Gespräch zwischen dem damaligen hr-Redakteur Gert Kalow mit dem Soziologen, Kulturhistoriker und Psychologen Norbert Elias fort.

Der 1897 in Breslau geborene Elias studierte Medizin und Philosophie, promovierte bei Richard Hönigswald, wechselte dann aber zur Soziologie und wurde “inoffizieller Assistent” bei Karl Mannheim. 1933 musste er aus Deutschland über Paris nach England emigrieren, wo er zwischen 1954 und 1962 als Dozent für Soziologie an der Universität von Leicester arbeitete. Später übernahm er mehrere Gastprofessuren. Bekannt wurde Elias hauptsächlich durch sein Werk “Über den Prozess der Zivilisation”, das neben der Biographie des Soziologen in dieser Gesprächssendung behandelt wird. 1977 erhielt Norbert Elias den Theodor W. Adorno-Preis der Stadt Frankfurt am Main. Er starb am 1. August 1990 in seinem späteren Wohnort Amsterdam.

 

Hörfunktipps für die Woche vom 18. bis 24. August 2014

 

Der Fall M

Ein Stück über ein gefundenes Diktiergerät

Von Stella Luncke und Josef Maria Schäfers

Mittwoch, 20. August 2014, 00.05 Uhr, DR Kultur

Ein Diktiergerät mit einer Mikrokassette. Ein kurioser Fund mit einer seltsamen Aufnahme: Ein Mann erzählt von einer rätselhaften Frau, die er nur M nennt. Angeblich arbeitet sie undercover für die Polizei. Aber wie und warum?

Soldatin in Israel soll sie gewesen sein und Immobilienmaklerin und irgendwie mit der Mafia verbandelt. Kann man das glauben? Auf jeden Fall kann man Experten zur Tonbandkassette befragen: Patholinguisten, Psychologen und Forensiker, Toningenieure und  eine Drehbuchautorin versuchen hinter das Geheimnis der Aufnahme zu kommen. “Der Fall M” ist ein Stück über Analyse und Spekulation, über Neugier und Mutmaßung.

Große Radio-Stimmen: Percy Adlon und Heidi Treutler
Ein Leben ohne Auto – Utopisches Hörbild aus Geschichte und Gegenwart

Von Georg Lohmeier

Samstag, 23.08.2014, 13:05 Uhr, Bayern2

Im Bayern 2-Sommerradio öffnet der Bayerische Rundfunk sein Schallarchiv für herausragende Produktionen im 20. Jahrhundert. Diesen Sommer widmet sich die Reihe “Offenes Archiv – Das Feature als Dokument seiner Zeit” in sechs Ausgaben großen Radiostimmen.
Hinter der alten Eiche ist der Einstieg in die Europa-U-Bahn. Von dort geht es vom mittelfränkischen Gunzenhausen unterirdisch in dreißig Minuten nach Straßburg. Jedes bayerische Dorf wird von zwei Zügen angefahren. Weit und breit ist das Auto verschwunden und Bayern wieder gemütlich. Um die letzten Autosüchtigen kümmert sich ein Entwöhnungssanatorium in Wolfsburg. In Georg Lohmeiers Feature kommen nicht nur typische Themen der 70er Jahre zur Sprache – die Zukunft der Verkehrspolitik, Ökologie und Lebensqualität -, sondern auch Sprecher zu Wort, die prägend waren für das Programm des Bayerischen Rundfunks jener Zeit. Heidi Treutler und Percy Adlon in den Hauptpassagen, Fritz Straßner, Eleonore Noelle, Wolfgang Büttner und Alexander Hegarth in weiteren Rollen. Sie alle sind einem breiten Publikum auch durch ihre Tätigkeit für Film und Fernsehen oder auf der Bühne bekannt. Fritz Straßner spielte in über 700 Vorstellungen am Münchner Residenztheater die Hauptrolle in “Der Brandner Kasper und das ewig’ Leben”. Wolfgang Büttner wirkte in Straßenfegern wie der TV-Serie „Soweit die Füße tragen“ oder dem schwarzweiß-Abenteuer Raumschiff Orion. Alexander Hegarth gab im “Monaco Franze” den Porschefahrer Dr. Schönferber. Die Schauspielerin Eleonore Noelle war eine der meistbeschäftigten Synchronsprecherinnen ihrer Zeit, zum Beispiel für Grace Kelly oder Elizabeth Taylor. Percy Adlon, der heute in Kalifornien lebt, erreichte erste internationale Aufmerksamkeit mit seinem Kinofilm “Out of Rosenheim”. Der Autor Georg Lohmeier, ist seit seinem Drehbuch der ZDF-Serie “Königlich Bayerisches Amtsgericht” bundesweit bekannt. Und nicht zuletzt: Heidi Treutler – eine der großen Stimmen des bayerischen Hörfunks. Sie synchronisierte u.a. Barbara Eden in der Kultserie “Bezaubernde Jeannie”. Keine Wunder also, dass Treutler durch das utopische Hörbild “Leben ohne Auto” führt. Radio einschalten, die Arme verschränken und mit einem Augenblinzeln Straßenverkehr und Urlauberstau wegzaubern.

Das Menopausending
Und: Ist das alles?

Von Barbara Eisenmann

Samstag, 22. August 2014, 18.05 Uhr, DR Kultur

Die Menopause ist Gegenstand der neoliberalen Selbstoptimierung geworden. Durch den medizinischen Diskurs geistert sie als Risiko, das die menopausale Frau managen soll. Der Kollektivzwang zur Prävention ist überall, egal ob Schwangerschaft, Krebs, Wechseljahre.

Die Menopause ist auch Objekt von Anti-Aging und Lifestyling mit Botox, Kunstbrüsten, Mösendesign. Und sie beschäftigt die Gesundheitsindustrie mit Hormonpräparaten und Gebärmutterentfernungen. Von der Menopause zu sprechen, öffnet ein weites Feld und rückt die kapitalismus- und sprachkritischen Wurzeln des feministischen Projekts wieder in den Blick. Das Feature spielt mit verschiedenen Genres und mischt das klassische Interview mit Doku-Fake-Formen und fiktiven Szenen. Es ist auch eine Hommage an Yvonne Rainers Film “Privilege.”

Die Lockung der Lok – Eisenbahn-Fans unter Dampf

Von Thilo Schmidt-Sonn

Sonntag, 23. August 2014, 14.05 Uhr, SWR2

Es gibt Orte, da passiert nichts. Nur manchmal kommt ein Zug vorbei. Und es gibt Menschen, die diese Orte genau deshalb besuchen. Man könnte sie einfach als Eisenbahnfans bezeichnen. Aber wenn sie von “Triebwagen” und “Netzabdeckung” sprechen, scheint ihre Leidenschaft intensiver und lustvoller, eben: ferrosexuell. Sie sammeln Zugfahrten wie Briefmarken, sie fotografieren seltene Loks wie exotische Tiere und wenn ihnen eine längst stillgelegte Strecke in der Sammlung fehlt, mieten sie auch schon mal eigens einen Zug, der sie bis zum letzten Prellbock bringt. Extrem-Hobbyisten gibt es in vielen Bereichen. Und doch scheinen die Eisenbahnfans noch etwas extremer: pflichteifrig, planverliebt und pünktlichkeitsbesessen. Mit anderen Worten: genauso wie die Bahn selbst längst nicht mehr ist.

Uwe Schultz im Gespräch mit Harry Buckwitz

Sonntag, 24. August 2014, 18:05 Uhr, hr2-kultur | Die historische Aufnahme

Fünf Jahre vorher führte hr-Kulturredakteur Uwe Schulz ein Gespräch mit ihm, das wir in unserer Sommerreihe wiederholen. Thema des Dialogs sind Buckwitz Werdegang und Exil während der NS-Zeit, die Entwicklung des Theaters in der Nachkriegszeit, die Besonderheit des Frankfurter Theaterpublikums, Buckwitz großes Engagement für Brecht und sein Zusammentreffen mit dem großen Dramatiker in Frankfurt, die Programmatik der Buckwitzschen Inszenierungen und die Entwicklung des Frankfurter Theaters in den siebziger Jahren.

 

 

 

Radiotipps für die Woche vom 11. bis 17. August 2014

Kurzstrecke 28
Feature, Hörspiel, Klangkunst

Zusammenstellung: Jan Rohlf, Barbara Gerland, Ingo Kottkamp

Mittwoch, 13.08.2014, 0.05 Uhr, DR Kultur

Was hört man zwischen den Stühlen? Kann Radio auch anders? Heute schon mal kurz gefasst? Deutschlandradio Kultur sucht fortlaufend Neuproduktionen zwischen Feature, Hörspiel und Klangkunst.

Jahrestag auf der Parkbank
Von Jonas Bolle und Simon Kuball
Zwei junge Männer gleichen ihr Leben ab.

Die Sammlung meines Onkels
Von Johannes Kulms
Kettensägen ohne Massaker

Frog
Von Owl yeah
Aus dem Leben eines Froschs

Interview mit der Sprechmaschine
Text-to-Speech-Programme und die Tücken künstlicher Kommunikation

Von Markus Metz und Georg Seeßlen

Samstag, 16.08.2014, 18.05 Uhr, DR Kultur

Seitdem die Maschinen den Menschen immer mehr Arbeit abnehmen, gibt es den Wunsch, mit diesen Maschinen auch verbal zu kommunizieren.

Gleichzeitig wächst die Angst, diese künstliche Kommunikation könnte schiefgehen. Die einfachen Text-to-Speech-Programme, bei denen ewig freundlich-hölzerne Stimmen genormte Antworten gaben, sind überholt. Ob ein echter Mensch oder ein Speech-Programm am Telefon antwortet, wird immer schwerer zu unterscheiden. Was bringt die Zukunft der sprechenden Maschine?

Große Radio-Stimmen: Alois Maria Giani. Ein akustisches Porträt

Samstag, 16.08.2014, 13:05 bis 14:00 Uhr, Bayern 2

Im Bayern2-Sommerradio öffnet der Bayerische Rundfunk sein Schallarchiv für herausragende Produktionen im 20. Jahrhundert. Diesen Sommer widmet sich die Reihe “Offenes Archiv – Das Feature als Dokument seiner Zeit” in sechs Ausgaben großen Radiostimmen.

Im Abenteuervierteiler “Die Schatzinsel” siegt das Gute über das Böse und Dr. David Livesey punktet gegen den Piraten Long John Silver. Dabei klingt in der deutschen Synchronfassung der heldenhafte Mediziner wie ein Mann von Welt, irgendwie allwissend, schon überall gewesen und auch so eigenartig nah und vertrauenswürdig. Zumindest für den bayerischen Zuschauer. Das verwundert nicht, wenn man nachschaut, wer dem französischen Schauspieler George Riquier seine deutsche Stimme leiht: Es ist Alois Maria Giani, der von radioWissen, über das Rucksackradio zur Literatur und von da weiter vom Bayerischen Feuilleton bis zur Katholischen Welt nahezu für jede Redaktion des Bayerischen Rundfunks regelmäßig im Studio war. Mögen es meist nur kurze Texte sein wie Zitate, Übersetzungen oder kleine Nebenrollen, doch gerade die machen Alois Maria Giani zur großen Stimme des Bayerischen Rundfunks. Sobald sie erklingt fühlt man sofort, welches Programm eingeschaltet ist: Vielfältige Kultur und tiefschürfende Information, oder spannende Unterhaltung und Hörspiel. Das erste spricht Giani bereits 1935 – Verwehte Spuren – erst 1948 kann es weiter gehen, bis heute. Das nächste Hörspiel, in dem Alois Maria Giani eine Rolle spielt, wird im September 2014 gesendet. Alois Maria Giani, geboren am 25. Mai 1912, war überwiegend als Theaterschauspieler tätig. Bis 1996 gehörte er dem Ensemble der Münchner Kammerspiele an und dem der Kleinen Freiheit, aber immer wieder fragte der Hörfunk nach dieser Stimme. Das “Offene Archiv – das Feature als Dokument seiner Zeit” folgt ihr in seiner dritten Sendung im Bayern2-Sommerradio durch die Jahrzehnte mit einer Auswahl aus Reisefeatures – auch das gehört zum großen Repertoire Alois Maria Gianis. Diese akustische Reise durch die Zeit führt vom Rande unseres Kontinents bis zu einem bunt gewebten Teppich in Marokko.

Tatra

Von Werner Pöschko

So, 17.08.2014, 14.05 Uhr, SWR2 Feature am Sonntag

Das Auto sah aus wie ein fliegender Fisch: silbergrau, stromlinienförmig und mit einer Rückenflosse, die wie ein Leitwerk aus dem Heck ragte. Das Auto schien direkt aus der Zukunft zu kommen. Das Auto war ein Tatra T 87. Seine Fahrer waren zwei junge Tschechen. Jirí Hanzelka und Miruslav Zikmund reisten 1947 bis 1950 mit dem futuristischen Fahrzeug durch Afrika, Süd- und Mittelamerika – als selbsternannte Botschafter ihrer jungen Republik und des sozialistischen Fortschritts. Hunderte Radio-Reportagen machten die Abenteurer unterwegs, nach Hause zurückgekehrt schrieben sie mehrere Bücher und unternahmen 1959 bis 1964 eine zweite Reise, die sie durch Asien führte. Hanzelka und Zikmund waren fahrende Volkshelden – bis 1968 die Sowjetunion Volk und Fahrt aller Tschechen hart ausbremste und den Tatra-Piloten Reise- und Publikationsverbot erteilte. Erst nach dem Fall des Eisernen Vorhangs wurden sie rehabilitiert. Hanzelka starb im Jahr 2003. Zikmund ist heute 95 und kann sich noch gut erinnern: wie und warum er um die Welt gereist ist, was er wo erlebt hat und wieso all das nur in einem Tatra möglich war. Autor Werner Pöschko ist dem Wagen und seinen Fahrern auf kurvigem Kurs gefolgt – zwischen persönlichen Geschichten und politischer Geschichte. – Das Feature entstand im Rahmen von “rádio d-cz”: ein Projekt von “Zipp -deutsch-tschechische Kulturprojekte”, einer Initiative der Kulturstiftung des Bundes.

 

Die historische Aufnahme
Wolf Scheller im Gespräch mit Hans Jonas

Sonntag, 17. August 2014, 18:05 Uhr, hr2

Gespräch mit dem im Jahre 1903 geborenen Philosophen Hans Jonas. Jonas, der 1933 nach Palästina auswanderte, danach in Kanada und seit 1955 in den USA lebte und bis 1976 als Professor in New York lehrte, spricht über sein Leben und Werk.

Neben den Stationen seines Lebens und seiner Freundschaft mit Hannah Ahrendt spricht er über sein Hauptwerk “Das Prinzip Verantwortung”, das 1979 erschien und in der er eine “Ethik für die technologische Zivilisation” entwickelt. Jonas erhielt 1987 den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels.

 

Radiotipps in der Woche vom 4. bis 10. August 2014

 

Bruno S.
Als ich Mensch wurde, musste ich sterben

Von Annett Krause und Matthias Hilke

Mittwoch, 06.08.2014, 0.05 Uhr, DR Kultur

2010 fand man Bruno S. in seiner Berliner Wohnung tot am Flügel sitzend. Er war 78 Jahre alt und hatte seinen Nachnamen geheim gehalten. Instrumente waren seine Familie, denn 23 Jahre verbrachte er – auch während der Nazizeit – in der Isolation von Heimen und Psychiatrien. 1958 ging “der Bruno in Freiheit”, wurde Gabelstaplerfahrer und zog als Moritatensänger über Berlins Hinterhöfe. Werner Herzog war von Bruno S. und der Tragik seines Lebens so beeindruckt, dass er ihn als Kaspar Hauser engagierte. Sie gewannen den Großen Preis der Jury in Cannes. Doch den Menschen traute Bruno lange “nur soweit wie ein Schwein scheißen tut!”

Große Radio-Stimmen: Reinhard Raffalt
Familie Battistini fährt aufs Land und macht Abitur

Samstag, 09.08.2014, 13.05 Uhr, Bayern 2

Im Bayern 2-Sommerradio öffnet der Bayerische Rundfunk sein Schallarchiv für herausragende Produktionen im 20. Jahrhundert. Die Reihe “Offenes Archiv – Das Feature als Dokument seiner Zeit” widmet sich in den sechs Ausgaben dieses Sommers großen Radiostimmen.

Wenn es Mitte des letzten Jahrhunderts im Radio um Italien ging, dann erklang die Stimme Reinhard Raffalts für die große römische Kultur: Von den Porträts antiker Kaiser über Beschreibungen bedeutender Bauwerke bis hin zu großen Reisereportagen. Dr. Reinhard Raffalt war einer der Autorenpersönlichkeiten des frühen Bayerischen Rundfunks und lebte als freier Schriftsteller in Rom. Seine Features und Hörbilder bestechen jedoch nicht nur durch Raffalts genaue Beobachtung oder seine Freude am gewählten Thema, sondern gerade durch die eigene Art des Vortrags. Reinhard Raffalts Stimme unterstreicht die persönliche Sicht des Autors, etwas in den eigenen Augenschein zu nehmen und darauf die Bewertung zu stützen. Eine seiner beliebtesten Sendungen in den 50er Jahren war die Feature-Reihe “Familie Battistini”. Eine in bester Soap-Opera-Manier gehaltene Schilderung des italienischen Familienlebens jener Zeit. Hier verbindet Reinhard Raffalt seinen präzisen Blick auf die Alltagskultur mit seiner Virtuosität am Reportermikrofon. Dabei bleibt er ein freundlich gesinnter Erzähler, dessen Stimme Hörerinnen und Hörer immer weiter in ihren Bann und in die Mitte des Geschehens zieht. Das “Offene Archiv – das Feature als Dokument seiner Zeit” wiederholt zwei kürzere Folgen dieser Kultsendung der 50er Jahre. In der ersten Episode packt Familie Battistini die Koffer für eine Landpartie zu einem Onkel, bei dem sie zeitweise ihre Tochter untergebracht hat; in der zweiten dreht sich alles um deren Schulprobleme. Dabei geht es in der Familie – wie immer – hoch her.

Optimieren und Zurichten
Mit Philipp Schönthaler durch die Wirtschaftswelt

Von Joachim Büthe

Sa, 09.08.2014, 18.05 Uhr, DR Kultur

Wie die Wirtschaft funktioniert, ist beim Roman-Autor Philipp Schönthaler nicht das Thema. Ihn interessiert, wie ihre Akteure funktionieren, wie sie ihre Sprache optimieren, um obenauf zu schwimmen, um Machtverhältnisse zu etablieren oder aufrechtzuhalten.

In seinem Roman “Das Schiff das singend zieht auf seiner Bahn” wird der Manager-Coach zum Sprach-Berater. Der Zwang zur Selbstoptimierung erfordert jedoch eine Disziplin, die kaum durchzuhalten ist. Wie hinter der glatten Fassade die psychosomatischen Verkrüppelungen aufscheinen, dafür hat der Schriftsteller einen Blick entwickelt und wiederum selbst eine Sprache gefunden, um davon zu erzählen.

Hemingways Insel

Von Lorenz Schröter

Sonntag, 10.8.2014, 14.05 Uhr, SWR2

Der eine war Schriftsteller. Der andere war Staatsgründer. 1965, vier Jahre nach dem Tod von Ernest Hemingway, warf sein Bruder Leicester einen alten Automotor 15 Kilometer vor Jamaika in die Karibik, befestigte ein Floß daran und erklärte die schwimmende Insel zum Staat “New Atlantis”. Er ernannte sich selbst zum Präsidenten, führte eine eigene Währung ein, ließ Briefmarken drucken und plante den Ausbau des 30-Quadratmeter winzigen künstlichen Eilands zu einem Zentrum für Meeresforschung – bis ein Sturm den Staat wegfegte. Sechs Einwohner hatte “New Atlantis”: neben Leicester Hemingway und seiner Frau Doris deren Töchter Hilary und Anne und Julia Cellini und Edward K. Moss. Moss war CIA-Agent, Julia Cellini die Schwester eines Mafia-Boss. Sollte das Floß eine Beobachtungsstation in der Nähe von Fidel Castros Kuba sein? Oder ein Zufluchtsort für die Betreiber von Spielcasinos auf den Bahamas? Oder war es einfach ein völlig verrückter Traum? Lorenz Schröter hat die letzten Atlantis-Bewohner Hilary und Anne Hemingway besucht und sich die Geschichte ihres Vaters und seiner Insel erzählen lassen. Und nicht nur die …

Fischer im Gespräch mit Thomas Assheuer

Von Gottfried Bermann

Sonntag, 10. August 2014, 18:05 Uhr, hr2-kultur | Die historische Aufnahme

Über seine ersten Jahre im Verlag erzählt er im Gespräch mit Thomas Assheuer ebenso, wie über seine Erfahrungen mit Schriftstellern wie Alfred Döblin oder Thomas Mann, seine Erfahrungen in der Weimarer Republik und die Veränderungen durch den aufkommenden Faschismus. Breiten Raum nimmt die Zeit des Nationalsozialismus ein, in der Peter Suhrkamp die Geschäftsführung des S. Fischer Verlags übernahm und Bermann Fischer ins Exil gehen musste. Weitere Themen des Gesprächs sind seine verlegerische Tätigkeit in den USA, seine Auseinandersetzungen mit Peter Suhrkamp nach Ende der NS-Zeit und die Literaturproduktion in der unmittelbaren Nachkriegszeit.