Radiotipps für die Woche vom 4. bis 10. April 2016

Making of Game
oder Der Klang von Schritten

Von Anna Seibt

Montag, 04.04.2016, 00:05 Uhr, DR Kultur

Ein Hörspiel, ein Blog und eine App mit 3D-Soundwelt – all dies vereint unser Hörgame Blowback. Wie das Projekt Gestalt annahm, können Sie in dieser akustischen Entstehungsgeschichte nachhören.

Deutschlandradio Kultur und die Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin haben zusammen ein auditives Handygame entwickelt: Die Journalistin Julia Kourim muss sich durch ein mysteriöses Unterwasserhotel kämpfen, um den Informanten Dereo Durand zu befreien.

Dieser wird im untersten Stockwerk des Hotels festgehalten. Beim Durchstreifen der Stockwerke muss sich der Spieler komplett auf sein Gehör verlassen – der Handybildschirm bleibt schwarz.

Ein Jahr lang hat Anna Seibt das Team aus Künstlern und Spieleentwicklern bei Brainstormings, Sprachaufnahmen und während der Produktion begleitet. Am Ende steht ein Hörspiel und eine mobile App, deren 3D-Soundwelt ein überraschendes und intensives Hörerlebnis bietet.

Widerstand gegen Großprojekte in Frankreich
Risse im Beton

Von Ruth Jung

Dienstag, 05.04.2016, 19:15 Uhr, DLF

ZAD, eigentlich das Kürzel für “Zone d’amenagement différé'”: ausgewiesenes Baugebiet, steht auch für “Zone à défendre”: zu verteidigender Raum. Eine wachsende Gruppe von Aktivisten, Zadistes genannt, wehrt sich gegen Großprojekte, die als unnütz, überteuert und umweltschädlich erachtet werden.

Das gilt zum Beispiel für den geplanten Flughafen in Notre-Dame-des-Landes. Dort halten Aktivsten das Gelände besetzt und unterstützen die von Zwangsenteignung betroffenen Bauern. Erste Teilerfolge gaben ihnen Recht. Trotzdem soll das Protestlager 2016 geräumt und die Bauarbeiten sollen fortgesetzt werden.

Im ganzen Land wurden die polizeilichen Repressionen verstärkt. Am 26. Oktober 2014 starb bei Demonstrationen gegen ein Staudammprojekt in Sivens/Tarn ein Botanikstudent. Die Auseinandersetzungen werden härter.

Tod und Frühling (3): Die Rückkehr der Proserpina
Eine sizilianische Trilogie der genreübergreifenden radiophonen Erzählformen

Von Werner Cee

Dienstag, 05:04.2016, 23:00 Uhr SWR2 ars acustica

Der dritte Teil von Werner Cees sizilianischer Trilogie “Tod und Frühling” ist eine klangkünstlerische Pastorale. Sie kombiniert historische O-Töne sowie neue Field Recordings aus Sizilien mit dem traditionellen Sprechgesang des “Cunto” und Motiven aus der Drone- und Rockmusik. Cee versucht hier, die akustischen Landschaften Siziliens in eine künstlich-künstlerische Form der Fruchtbarkeit zu übertragen, in die die Saga von der Rückkehr Proserpinas sich spiegelt.

Die Ausstrahlung wird auf swr2.de mit einer Foto-Dokumentation Werner Cee begleitet.

Autisten in IT-Unternehmen
Der Spezialist ist Autist

Von Anja Kempe

Mittwoch, 06.04.2016, 00:05 Uhr, DR Kultur

Die besonderen Begabungen von Autisten im IT-Bereich sind begehrt wie die seltenen Erden in der Hightech-Industrie. Die IT-relevanten Märkte werden sich in den nächsten zehn Jahren verdoppeln, es fehlen also Tausende Spezialisten in den Bereichen Softwareentwicklung, Netzwerktechnologie und Datenbank-Management.

Google und Microsoft suchen daher fieberhaft nach Autisten und ihren herausragenden Fähigkeiten auf diesen Gebieten. Auch der deutsche Softwarehersteller SAP beschäftigt seit 2014 Autisten. Die Autorin Anja Kempe hat sie besucht.

Rückspiegel, Speicher und Loops
Tonspuren der Künstlerin Michaela Melián

Von Martin Zeyn

Freitag, 08.04.2016, 20:10 Uhr, DLF

Bildende Künstlerin, Hörspielautorin, Musikerin und Covergirl der legendären Zeitschrift “Mode und Verzweiflung”: All das ist oder war Michaela Melián. Ihre Zeichnungen, Installationen und Nähmaschinenbilder hat sie in Kunstvereinen, Messen und Galerien ausgestellt.

Für ihr erstes Dokumentarhörspiel “Föhrenwald” erhielt sie gleich den Hörspielpreis der Kriegsblinden. Vier Platten hat sie bisher als Solokünstlerin herausgebracht und mit der Band F.S.K. (die laut Diedrich Diederichsen für “die deutsche Intelligenz musiziert”) tourt sie seit 35 Jahren.

Melián gehört zu einer Generation von Frauen, die noch auf einen männlich dominierten Kunstmarkt traf. Daher auch das Arbeitsinstrument, das viele ihre Bilder unverkennbar macht: die Nähmaschine. Ein Sinnbild für weibliche, untergeordnete Tätigkeit wird bei Melián zur Signatur ihrer künstlerischen Handschrift: Sie zeichnet mit Nadel und Faden.

Bi-Normal
Grenzbereiche des Bipolaren

Von Christian Lerch und Irina Balzer

Samstag, 09.04.2016, 13:05 Uhr, Bayern2, Wiederholung am Sonntag, 21.05 Uhr

Vor fünf Jahren bekam Justine die Diagnose “Bipolare Störung”. Betroffene pendeln zwischen depressiven und manischen Phasen, denen von außen häufig mit Unverständnis und Abwehr begegnet wird. Bipolarität zählt zu den häufigsten psychiatrischen Erkrankungen in Deutschland.
Die Folgen von Justines Diagnose waren Medikamente, Nebenwirkungen und berufliche Ausgrenzung. Ständig beobachtete sie ihr Verhalten, ob ihre Stimmungen und ihr Verhalten zu extrem waren. Nach einer Zwangseinweisung und mehreren psychiatrischen Untersuchungen wurde Justines Diagnose widerrufen. Immer mehr Experten warnen vor der Pathologisierung von psychischen Abweichungen. Doch viele Betroffene finden in der Diagnose endlich eine Erklärung für ihr Leiden. Wie Olivia, 49 Jahre alt: “Vor der Diagnose fühlte ich mich wie der Zweig einer dünnen Birke. Durch die Medikamente wurde ich zu einem Baumstamm.”

Das Uwe-Johnson-Puzzle
Von Mecklenburger Versuchen, eines Dichters habhaft zu werden

Von Alexa Hennings

Samstag, 09.04.2016, 18:05 Uhr, DR Kultur

Ein Tonstudio, 365 Bürger aus Mecklenburg-Vorpommern lesen Uwe Johnsons Jahrestage. Manche tun sich schwer mit seiner Sprache. Und mancher Mecklenburger tut sich schwer mit Uwe Johnson selbst – er ging im Unfrieden, manche vergessen ihm das noch immer nicht.

Gleichzeitig werben mehrere Kleinstädte damit, Vorbild für “Jerichow” zu sein, den Ort, in dem Uwe Johnsons Romanfigur Gesine Cresspahl lebte. Bis auch sie die mecklenburgische Heimat verließ.

DADA á gogo
Eine Wiedergeburtsanzeige

Von Maidon Bader

Sonntag, 10.04.2016, 14:05 Uhr, SWR2

Im April 1916 wird im Cabaret Voltaire in der Züricher Spiegelgasse der Dadaismus ausgerufen. Und zwar so laut, dass Nachbar Wladimir Iljitsch Lenin die Polizei ruft. Jedenfalls behauptet das die Legende. Eine von zahllosen DADA-Legenden. Wahr ist, dass DADA die Kunst aufmischte, überlief und unterwanderte, jede Menge Tabus nachhaltig brach, um dann wieder zu verschwinden. Scheinbar. Denn als im Jahr 2002 das Haus des Cabaret Voltaire verkauft werden soll, kommt DADA in beinah wiedergängerischer Manier zurück. Und nun, zum Hundertsten der Bewegung?
Maidon Bader hat die Wiedergänger getroffen: Paul Dorn alias St. Pauli alias Dornimauge, der das “Dadamt Zörich” leitet. Die Londoner Künstlerin Alice McCabe, die wegen DADA fünf Jahre in Zürich gelebt hat. Und den tschechisch-schweizerischen Künstler Mark Divo, der zwischenzeitlich als “König des DADA” galt – nun aber nur abwinkt. Lebt DADA? Oder sind es nur letzte Zuckungen? Oder sind die Zuckungen umgekehrt Zeichen einer Wiedergeburt?

Lamento!
Ein Ausflug ins Tal des Jammerns

Sonntag, 10.04.2016, 18:05 Uhr

Von Bettina Mittelstraß

Was ist dran am Jammern, Mäkeln und Maulen? Ist es eine bewährte Methode zur psychischen Entlastung oder einfach nur das Geheule bedauernswerter Jammerlappen?

Ist das klägliche Jammern eine gleichermaßen menschliche und tierische Kommunikationsform mit bestimmten akustischen Merkmalen? Warum wird aus Kummer, Verzweiflung und Ärger gejammert? Oder hat das Jammern einfach Methode? Wer neigt eigentlich zum Jammern und wer perfektioniert es und wie? Eine neugierige Reise durch Jammertäler und andere Jämmerlichkeiten.