Radiotipps für die Woche vom 24. bis 30. August 2015

Alte Deutsche, junge Thais
Im Deutschen Evangelischen Begegnungszentrum von Pattaya/Thailand

Von Erhard Lauer

Dienstag, 25.08.2015, 19.15 Uhr, DLF

Familien essen Kirschtorte, eine Reiseleiterin Sauerbraten, der deutsche Pfarrer plaudert mit einer einheimischen Nonne und ältere deutsche Herren unterhalten sich über die Geldgier ihrer jungen Thai-Bräute. Im Deutschen Evangelischen Begegnungszentrum des Touristenorts Pattaya treffen Welten aufeinander.
Die Stadt gilt als die Welthauptstadt der Sexpats. Auch tausende Deutsche leben mittlerweile hier. Nicht alle kommen mit dem mehr als nur bunten Treiben klar. In einer Hütte am Stadtrand liegt ein zuckerkranker, komatöser Deutscher, dem bereits beide Beine amputiert wurden – seine thailändische Lebensgefährtin möchte ihn “lieber daheim pflegen”, von seinem Konto hebt ein Unbekannter die deutsche Rente ab. Ein deutscher Rentner verfolgt solche mysteriösen Fälle mit seiner einheimischen Frau, die das Deutsche Evangelische Begegnungszentrum leitet. Am Nebentisch verabreden sich derweil andere Pensionäre zu einem luxuriösen Abendbuffet im Stadtzentrum.

Himmelsklänge
Reise durch die Orgellandschaft von Arp Schnitger

Von Dorothee Schmitz-Köster und Walter Weber

Mittwoch, 26.08.2015 um 00:05 Uhr, DR Kultur

Er war ein genialer Orgelbauer und ein guter Geschäftsmann dazu: Arp Schnitger (1648-1719) aus Golzwarden bei Bremen. 105 Instrumente stammen aus seiner Werkstatt, etwa 30 sind noch heute erhalten, Meisterwerke barocker Orgelbaukunst.
Walter Weber und Dorothee Schmitz-Köster sind durch Schnitgers Orgellandschaft zwischen Ostfriesland und Hamburg gereist, haben Kantoren und Orgelbauer, Organisten und Experten getroffen, ihrem Spiel zugehört, sich Orgeln von innen und außen zeigen lassen. Entstanden ist eine akustische Reise durch Arp Schnitgers Land der “Himmelsklänge”.

Forschungsgegenstand: Lästern
Über die unheimliche Kunst des heimlichen Sprechens

Von Georg Cadeggianini und Steffen Jan Seibel

Freitag, 28.08.2015, 201.0 Uhr, DLF

Wir tun es, überall: in der hohen Politik genauso wie unter Freunden, im Kreis der Professoren genauso wie auf der Tupperparty. Die Forschung spricht von unregulierter Lust und sozialem Kitt. Erst hier werde die eigene Identität zum Klingen gebracht. Dabei ist es alles andere als harmlos: Lästern vernichtet Karrieren, zerrüttet Freundschaften, ruiniert Projekte.
Während es fast überall Standards und Richtlinien gibt, für Straßenschilder und Beipackzettel, für Drehbücher und Sonntagsreden, haben wir so gut wie keine Verständigung über die Codes und Zwischentöne des gesprochenen Worts gefunden: Hat sich hinter unserem Rücken da eine eigene Textgattung entwickelt? Kann man Flurfunk wie Lyrik analysieren?
“Das Feature” wagt sich vor in den Wilden Westen der Sprache. Wir schneiden mit und stellen zur Rede, zerren geheime Funktionen und Strukturen ans Tageslicht; es wird um neue Regeln der oralen Kultur im Digitalzeitalter gehen, aber auch um abgekartete Allianzen, den Wert des Geheimnisses und nicht zuletzt: den Kitzel des Bösen.

Vier Schüsse in Missoula
Der Tod des Schülers Diren D.

Von Tom Schimmeck

Samstag, 29.08.2015 um 18:05 Uhr, DR Kultur

Am 27. April 2014 feuert der 29-Jährige Markus K. aus Missoula, Montana, in seiner Garage vier Schüsse auf den 17-Jährigen Diren D. aus Hamburg. Der Schütze hatte auf der Lauer gelegen. Er war sehr wütend. Stellte eine Falle.
Er wollte Räuber schnappen, die ihn Tage zuvor bestohlen hatten. Diren D. stirbt in der Garage von Markus K. “Deutscher Austauschschüler in den USA erschossen” titeln die Zeitungen.
Typisch Amerika? Manches ist typisch: Montanas schießfreudige Gesetze, die Waffenkultur. Die Stadt Missoula aber schämt sich zutiefst. Nachbarn und Mitschüler trauern, organisieren Mahnwachen. Rufen: “Das sind nicht wir!”
Eine Jury verurteilt Markus K. wegen vorsätzlichen Mordes. Der Richter verhängt 70 Jahre Haft.

Es sind Zimmer frei
Kroatien, ein Land auf Selbstsuche

Von Patrick Batarilo

Sonntag, 30.08.2015, 14.05 Uhr, SWR2

Brief an eine Dame in Chicago, die mich nach der deutschen Literatur von 1953 fragte

Von Alfred Andersch

Sonntag, 30.08.2015, 18.05 Uhr, hr 1954

In dieser siebten Folge unserer Feature-Reihe im Radiokultursommer berichtet Alfred Andersch einer Dame in Chicago vom Zustand der damals gegenwärtigen deutschen Literatur in der Bundesrepublik Deutschland. Eine starke Strömung dieser Literatur wird seiner Ansicht nach von folgenden Autoren repräsentiert: Wolfgang Koeppen, Georg Glaser, Heinrich Böll, Herbert Eisenreich, Rolf Schroers, Wolfdietrich Schnurre und Wolfgang Hildesheimer. Die neue Strömung in der Lyrik schlägt sich – so seine These – in den literarischen Produkten von Paul Celan, Ingeborg Bachmann und Wolfgang Weyrauch nieder. Ausschnitte werden aus Koeppens zeitkritischem Roman “Das Treibhaus” sowie aus Arno Schmidts Werk “Die Umsiedler”.