Radiotipps für die Woche vom 2. bis 7. Februar 2015

Strich um Strich wie Wunden

Von Heinz Klunker

Dienstag, 3.2.2015, 19.15 Uhr, DLF

“Das herausdämmernde Licht des 14. Februar 1945 erhellt nur noch eine glühende, qualmende Brandstätte an der Elbe, da wo am Vortag Dresden gewesen war. Ausgebombt, hungernd, mit meiner Frau nur in provisorischen Bleiben hausend, geringgeschätzt in meiner Not, fand mein Vorhaben keinerlei Verständnis und wurde bestenfalls belächelt.”

“Das Wort Dokument ließ man einigermaßen gelten für meine Arbeit, so dass ich weiterarbeiten konnte. Instinktiv flohen und mieden die Menschen die tote Stadt. Gesindel machte sie unsicher. Mich aber zwang es, hineinzugehen und die toten Wohnstraßen aufzusuchen und sie zu zeichnen, die Unabsehbarkeit der zerstörten Flächen festzuhalten. So reihte sich Blatt an Blatt zu einem Werk, das im Frühjahr 1946 seinen Abschluss fand. 150 Rohrfederzeichnungen davon sind in einer Mappe vereinigt unter der Bezeichnung ‘Das zerstörte Dresden'”.

Ich will ein Geständnis“
Medikamentenversuche an Kindern in der Schweiz

Von Charly Kowalczyk

Mittwoch, 4.2.2015, 22.05 Uhr, SWR2

In Vormundschaftsakten der psychiatrischen Klinik Münsterlingen im Kanton Thurgau finden sich Patienten-Protokolle, aus denen hervorgeht, dass in den 60er- und 70er-Jahren an Kindern Psychopharmaka getestet wurden. Die Kinder hatten in Heimen, etwa des katholischen Klosters Fischingen gelebt oder in Pflegefamilien. Die Pillen stammten vom Basler Konzern Ciba-Geigy, heute Novartis. Die Betroffenen leiden bis heute an den Folgen der Versuche: an extremem Bluthochdruck, Panikattacken, ständigen Kopfschmerzen. Wie war es möglich, dass an diesen Kindern experimentiert werden konnte? Und wer trägt Sorge für die Folgen? Welche ethischen Standards haben Pharmakonzerne heute, wenn sie in Indien, Rumänien oder Argentinien Arzneimittel testen?

Schreiben im Zeichen der Gewalt
Kolumbianische Literatur zwischen Kritik und Klischee

Freitag, 6.2.2015, 20.10 Uhr, DLF

Gewalt ist das zentrale Thema der kolumbianischen Literatur. Denn das Leben in dem latein-amerikanischen Land ist immer noch geprägt von Mord, Willkür und Verfolgung. Verschiedene Schriftsteller aus Kolumbien schreiben über ihre Eindrücke des Lebens.

Der große Name von Gabriel García Márquez mag mitunter den Blick dafür verstellt haben, dass die jüngere Generation längst ihre ganz eigenen Wege gefunden hat, die Erfahrung von Gewalt in Literatur zu verwandeln.

Da ist zum Beispiel Héctor Abad, dessen Vater von den Paramilitärs ermordet wurde. Seine Erfahrungen hat er in “Brief an einen Schatten” verarbeitet. Oder die Autorin Laura Restrepo. Sie schloss sich Anfang der 70er-Jahre den FARC an, bevor die Guerilla-Bewegung zur Terrororganisation verkam.

Juan Gabriel Vásquez und Evelio Rosero wiederum richten ihren Blick auf die Frage, wie Gewalt Familien und dörfliche Gemeinschaften zerstört hat. Und während sich Antonio Ungar an einem satirischen Umgang mit der Gewalt versucht, setzt Jorge Franco gar auf das Thriller-Genre.

Eine deutsche Chirurgin im Nothilfeeinsatz im Süd-Sudan

Von Jörn Klare

Samstag, 7.2.2015, 14.05 Uhr, BR2, Wiederholung am Sonntag, 21.05 Uhr

Es ist Carla Böhmes zwölfter Einsatz für eine Hilfsorganisation im Ausland. Meistens ging es für die Chirurgin aus Leonberg, die sonst in einer deutschen Klinik arbeitet, nach Afrika, und dabei immer in Regionen, in denen es irgendwelche Kämpfe oder Kriege gab. Viele der Wunden, die sie oftmals unter primitiven Bedingungen behandeln musste, stammten von Kugeln, Speeren oder Pfeilen.
Diesmal reist sie im Auftrag von Ärzte ohne Grenzen. Allein die deutsche Sektion der 1999 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichneten internationalen Organisation schickt jährlich an die 300Mitarbeiter in eines der zurzeit gut 60 Einsatzländer. Böhmes Ziel ist diesmal eine kleine Klinik im Süd-Sudan. Auch dort wird gekämpft. Viele Opfer fordert auch das Schwarze Fieber, eine Tropenkrankheit. Die 63-Jährige weiß nicht genau, was sie erwartet. Sicher ist: Sie sucht nicht die Gefahr, sie will helfen. Sie ist einverstanden, dass der Autor sie in den ersten Tagen ihres Einsatzes begleitet.

Zwischen Front und Exil
Syrische Flüchtlinge und der Krieg

Von Dominik Bretsch

Samstag, 7.2.2015, 18.05 Uhr, DR Kultur

Jaffer ist Ende 20, smart, gut ausgebildet. Woanders könnte er voll durchstarten. Doch Jaffer ist syrischer Flüchtling in der Türkei. Immer wieder fährt er zur Grenze, um durch die Berichte von Flüchtenden und Verwandten hinüber zu horchen in den Krieg.

Er fragt sich: Sind die von den Rebellen kontrollierten Gebiete sicher genug, damit er mit seiner Familie zurückkehren kann? Die islamistischen Gruppen gewinnen immer mehr an Einfluss und die demokratisch gesinnten Rebellen werden zwischen den Fronten zerrieben. Müsste er nicht kämpfen, wie seine Cousins bei der Freien Syrischen Armee?

Der Kommissar aus Köpenick
Otto Busdorf – eine Polizistenkarriere vom Kaiserreich bis zur DDR

Von Peter Hillebrand

Sonntag, 8.2.2015, 14.05 Uhr, SWR2

Kaiser Wilhelm II. belobigte ihn, weil er einen Mörder per Schnelldampfer bis nach New York verfolgt und gefasst hatte. In der Weimarer Republik galt er deutschlandweit als Experte für Wilderer-Morde an Forstbeamten. In Magdeburg verhinderte er eine antisemitisch motivierte falsche Mordanklage gegen einen jüdischen Fabrikanten und lieferte dem Gericht den richtigen Täter. Was ihn nicht daran hinderte, 1931 Mitglied der NSDAP und der SA zu werden.
Doch die kriminellen Methoden der Nazis konnte der Kriminalist nicht hinnehmen. So wurde er als Querulant aus dem Polizeidienst entlassen und als Sachbearbeiter in einem Verband der Viehwirtschaft kaltgestellt – um 1945 in der sowjetischen Besatzungszone als Volkspolizist wieder eingestellt zu werden. Bis 1948 herauskam, dass da doch ein dunkler Fleck auf seiner scheinbar weißen Westen war. Ein Blutfleck. 1950 kam er ins Zuchthaus, wo er 1957 starb. Otto Busdorf war Polizist in vier deutschen Staaten – und am Ende ein Krimineller.

Otto von Bismarck
Eine Biographie Teil 2

Von Frank Eckhardt

Sonntag, 8.2.2015, 18:05 Uhr, hr2

Otto von Bismarck zählt zu den bedeutendsten Staatsmännern des 19. Jahrhunderts, ist dabei aber umstritten wie kaum ein anderer Politiker.

Er stieg ohne jede Regierungserfahrung zum preußischen Ministerpräsidenten auf und war von 1871 bis 1890 erster Reichskanzler des Deutschen Reiches. Innenpolitisch schuf er die repressiven Sozialistengesetze, führte aber gleichzeitig ein umfassendes Sozialversicherungssystem ein. Autor Frank Eckhardt schuf mit vielen Selbstzeugnissen Bismarcks, historischen Dokumenten und Gesprächen mit der englischen Bismarck-Kennerin Dr. Katherine Lerman von der Londoner Metropolitan University und dem deutschen Bismarck-Experten Professor Lothar Gall, der mehrere Werke über Bismarck und seine Zeit geschrieben hat, ein vielschichtiges Porträt des Politikers, der vor 200 Jahren, am 1. April 1815, geboren wurde.