Hörfunktipps für die Woche vom 8. bis 14. Dezember 2014

Themenwoche “Ware Welt”
TTIP – Transatlantischer Traum oder der Ausverkauf der Demokratie

Von Peter Kreysler

Dienstag, 09.12.2014, 19.15 Uhr, DLF

Im Frühjahr 2013 wurden der EU-Lobby-Expertin Pia Eberhardt von einer unbekannten Quelle geheime Dokumente eines EU-Verhandlungsmandats zugespielt. Es ging um geheime Details des geplanten Freihandelsabkommens TTIP (Transatlantic Trade and Investment Partnership) zwischen den USA und der EU.

Zur Debatte steht eine lange Wunschliste von Konzernlobbyisten und Finanzinstituten: die Lockerung der Lebensmittelsicherheit, laxere Umwelt- und Chemiestandards, Arbeitsschutzbestimmungen des Arbeitsrechts, staatlicher Schutz für Bildung und Kultur. Kurz: es geht um die Ökonomisierung aller Lebensbereiche, der gesamten Daseinsvorsorge. Sonderschiedsgerichte, besetzt von global agierenden Anwaltskanzleien, sollen den “Investitionsschutz multinationaler Unternehmer” garantieren.

Rechtsstaatliche Errungenschaften sowie nationale Rechtsstandards zählen dann nicht mehr. Politiker versprechen Wachstum und Arbeitsplätze. Doch die Zahl der Kritiker wächst, die öffentliche Stimmung droht zu kippen, während der Propagandaapparat der Lobbyisten auf vollen Touren läuft.

Tag der Verkäuferinnen

Von Lisa Kristwaldt

Mittwoch, 10.12.2014, 00.05 Uhr, DR Kultur

Hinter der munteren Betriebsamkeit eines Kaufhauses steckt ein durchorganisierter, festgelegter Arbeitsablauf.

Verkäuferinnen und leitende Angestellte berichten in Lisa Kristwaldts Originalton-Sendung von ihrem Arbeitsalltag: von den strengen Hierarchien und den genauen Vorschriften für die durchzuführenden Tätigkeiten, von den verordneten Pausen, den schmerzenden Beinen und dem ersehnten und verdienten Feierabend.

Passagen aus Emile Zolas Roman “Das Paradies der Damen” erzählen parallel dazu die Geschichte der jungen Verkäuferin Denise im Paris des ausgehenden 19. Jahrhunderts. Daneben singt der NDR-Chor die Vorschriften für Selbstkassierer und Auszüge aus der Warenhausbetriebsordnung.

Anwalt der Verlorenen
Der Kampf des Clive Stafford Smith

Von Peter F. Müller und Michael Mueller

Mittwoch, 10.12.2014, 22.03 Uhr, SWR2

Seit Jahrzehnten kämpft Clive Stafford Smith gegen die Fehlurteile der US Justiz, gegen staatliche Folter, gegen die Willkür des sog. war on terror. So wie im Fall von Kris Maharaj, der seit 27 Jahren unschuldig in Florida im Gefängnis sitzt für einen Doppelmord, den er nicht begangen hat. Oder der Fall Noor Khan, der seinen Vater bei einem Drohnen-Angriff auf eine Dorfversammlung in Pakistan verlor und mit Hilfe von Clive Stafford Smith eine Verurteilung der USA vor dem obersten pakistanischen Gericht erreichte. Das Feature erzählt vom unermüdlichen Kampf eines Besessenen, einem Mann für hoffnungslose Fälle, für den die Menschenrechte das höchste Gut darstellen.

Themenwoche “Ware Welt”
Wohin mit der ganzen Musik?

Von Matthias Mainz

Freitag, 12.12.2014, 20.10 Uhr, DLF

Im Sommer 2013 sitzt der Kölner Musiker Matthias Mainz im Grant Avenue Studio in Hamilton, Ontario, in dem zuvor Größen wie U2, Johnny Cash, Brian Eno und Jon Hassel produziert hatten. Morgens holt ihn eine Limousine ab und zum ersten Mal in der Karriere des studierten, bepreisten und stipendiengeförderten Künstlers scheint alles so, wie er es sich als Student vorgestellt hatte.

Doch nichts kann darüber hinwegtäuschen, dass es schwer verkäufliche improvisierte Musik ist, und dass die Aufnahme vor dem Hintergrund tiefgreifender Umwälzungen in der Musiklandschaft stattfindet. Seit Musik jeder Epoche im Internet kostenlos zu haben ist, wird damit immer weniger Geld verdient. Auch das Publikum hat sich verändert. Und die Hochschulen bilden nach wie vor Generationen junger Musiker mit dem Künstlerideal des 19. Jahrhunderts aus.

Matthias Mainz reflektiert über seine Gegenwart: Hat meine Musik einen eigenen Wert, oder nur dann, wenn sie andere wichtig und teuer erscheinen lassen? Er hat die Stimmen wohlmeinender Coaches im Ohr, die behaupten, mit ihren Methoden werde er effizienter, produktiver, erfolgreicher und glücklicher, befragt Kollegen, Kulturmanager und -förderer, um herauszufinden, wie es die anderen machen und wo die Zukunft liegen kann.

Aus den Augen, aus dem Sinn
Deutscher Atommüll in Russland

Von Laura Döing und Olga Kapustina

Samstag, 13.12.2014, 13:05 Uhr , Bayern 2
Wiederholung am Sonntag, 21.05 Uhr

Die Suche nach einem geeigneten Endlager für hochradioaktive Abfälle in Deutschland beginnt wieder von vorne. Im Geheimen wurde bereits nach Optionen im Ausland gesucht, auch in Russland. Obwohl der Export offiziell politisch nicht erwünscht ist – Spuren gibt es dennoch: Vertrauliche Kostenpläne eines deutschen Energiekonzerns, die Ersparnisse durch den Export aufzeigen, russische Ministeriumspapiere, die mit den zahlungskräftigen Kunden aus Deutschland kalkulieren. Das Feature folgt diesen Spuren in Deutschland und Russland. Sie führen bis an den Zaun der geschlossenen Stadt Krasnojarsk-26, einem Zentrum der russischen Atomindustrie und in die Vorstandsetage der deutschen EnBW in Karlsruhe.

„Schimpfen Sie, aber schreiben Sie meinen Namen richtig“
Die Selbstinszenierungen des Herrn Professor Girtler

Von Carina Pesch

Sonntag, 14.05 Uhr, SWR2

Roland Girtler gilt als Österreichs bekanntester und umstrittenster Soziologe. Ein Medienstar. Ein Enfant Terrible. Ein wissenschaftlicher Performer. Und ein Selbstinszenierungskünstler, der gegen die vermeintlich graue Theorie das eigene intensivfarbige Leben setzt. Sein Publikum ist begeistert. Oder empört. Es schimpft und lobt. In Girtlers Forschungen dreht sich alles um Menschen am Rande der Gesellschaft: Polizisten und Gauner, Obdachlose, Prostituierte – zu allen findet er spielend Zugang. Wie schafft er das? Carina Pesch gibt dem Professor eine akustische Bühne. Vorhang auf für eine Selbstinszenierung – mit skurrilen Szenen, bissigen Momenten und gespaltenen Zuschauerreaktionen.

Wir verstehen Russisch, aber wir verstehen nicht Russland –
Eine Reise in die Westukraine

Von Hanne Kulessa

Sonntag, 14. Dezember 2014, 18:05 Uhr, hr2-kultur

Anfang September vereinbarten Kiew und Moskau eine Waffenruhe für die Ostukraine. Eine Woche zuvor, Ende August, wurden Sätze von Wladimir Putin zitiert, die einen erschauern ließen: “Wenn ich will, kann ich Kiew in zwei Wochen erobern” und: er möchte daran erinnern, dass Russland eine der mächtigsten Nuklearmächte sei.

Trotz des Krieges in der Ostukraine fand in Czernowitz zum fünften Mal das “Internationale Lyrik Festival Meridian” statt. “Russland will uns unsere Kultur nehmen, wir halten mit Kultur dagegen”, sagte der Schriftsteller Juri Andruchowytsch, der zu den Initiatoren des Festivals gehört. Im Westen die Poesie, im Osten die immer wieder durchbrochene Waffenruhe. Eindrücke von einer Reise zwischen Kultur und Politik.